Der Berliner Fernsehturm feierte seinen fünfzigsten Geburtstag
Panorama Fernsehturm © Torsten Fritsche
Die Geburtstags-Glückwünsche liegen schon einige Wochen hinter dem Jubilar. Vor 50 Jahren am 3. Oktober 1969 wurde der Berliner Fernsehturm eröffnet. Doch schon bei seiner Planung mitten im Zentrum von Ostberlin sollte der Bau viel mehr sein als nur ein Fernseh-, UKW- und Richtfunk-Turm. Er wurde zwar damals dringend gebraucht, um den technischen Funktions-Betrieb von Hörfunk und Fernsehen im damaligen Ostberlin und seinem Umland besser zu gewährleisten. Aber mit dem gewählten Standort am Alexanderplatz, der Aussichtsplattform und einem Drehrestaurant war der Turm Touristenattraktion und Veranstaltungsort und sollte schließlich auch als Symbol herhalten. Wie Zeitzeugen sich erinnern, wurde der Fernsehturm nur deshalb nicht zum 20. Jahrestag der DDR eingeweiht, weil die Funktionärs-Prominenz mit Walter Ulbricht an der Spitze so viele weitere Termine abarbeiten musste. Mit seiner Höhe von 365 Metern überbot der Fernsehturm in Ostberlin den Funkturm in Westberlin, der 1926 zur Funkausstellung errichtet wurde, um ganze 215 Meter. Freude und Ärgernis deutscher Ideologen auf beiden Seiten der Mauer. So hatte dann Jahrzehnte später der Berliner Fernsehturm die größten Stürme nicht durch das Wetter zu überstehen, sondern nach dem Fall der Mauer in Berlin von „Bilderstürmern“, die die politische Landschaft neu gestalten wollten und sogar der Meinung waren, dass eher der Fernsehturm als der Palast der Republik abzureißen sei. Der Palast ist dann verschwunden, aber der Berliner Fernsehturm steht immer noch. Im Jahr 1979 bekam er den Denkmals-Status, der im vereinigten Deutschland erhalten blieb.
Geschäftsführerin Christina Aue © Frank Pfuhl/ facepfuhl
Wenn die heutige langjährige Geschäftsführerin Christina Aue in der Bar des Fernsehturms von einer Gruppe von CTOUR-Reisejournalisten (ctour.de) die Glückwünsche zum Turm-Jubiläum empfängt, steht naturgemäß die spannende Historie nicht im Mittelpunkt. Doch sieht die Managerin ihren Auftrag auch darin, etwas über die Geschichte des Turmes und der Stadt zu erzählen. Allerdings spielt der Streit, der zwischen der Architekten-Ikone Hermann Henselmann und den Architekten Fritz Dieter und Günter Franke erbittert geführt und bis vor Gericht ging, heute keine Rolle mehr. Die Disput bestand darin, wer der Vater für die geniale Idee des kugelförmigen Turmkopfes war. Managerin Aue hat darauf eine salomonische Antwort: Die Idee wurde damals von einem tollen Team von Architekten gemeinsam entwickelt.
Drehrestaurant © Ydo Sol Images
Tatsächlich war damals die Verwendung der Kugelform für einen Turm eine absolute Neuheit, mit der sich der Berliner Fernsehturm von anderen bislang gebauten Fernsehtürmen ganz deutlich unterschied. Ganz unabhängig vom Standpunkt ist die Kugelform, im Unterschied zur zylindrischen oder scheibenform, immer erkennbar. Direktorin Aue, die übrigens an der Spitze des privatrechtlichen Unternehmens Fernsehturm steht und im Unterschied zu vielen Berliner Adressen keinerlei öffentliche Gelder bezieht, spricht selbstverständlich über die Superlative: Der Berliner Fernsehturm ist mit seinen heute 368 Metern - drei Meter wurden durch moderne Antennen zu den ursprünglichen 365 Metern zugelegt - der höchste Turm innerhalb der EU. Er wird in Europa nur von dem Moskauer Fernsehturm Ostankino mit 540 Metern noch überragt.
Aussichtsetage und Drehrestaurant © Ydo Sol Images
Natürlich hat der 50jährige auch ein Facelifting hinter sich, beispielsweise kam Ende der 90er Jahre der Ausbau einer Bar dazu, die eine Etage über dem sich drehenden Tele-Restaurant platziert ist. Dieses ist das höchstgelegene Restaurant in Berlin und in ganz Deutschland. Besonders stolz ist Christina Aue, dass sie mit ihrem 117 Mitarbeiter-Team erfolgreich viele Arbeitsprozesse digitalisiert hat. Im Unterschied zu früheren Zeiten hat das online Ticket mit langen Schlangen und teilweise stundenlangem Warten aufgeräumt. Ganz ohne Schlangen gehe es allerdings auch nicht, zeige es doch, dass der Andrang vor allem von Touristen ungebrochen groß sei, so Direktorin Aue mit einem Lächeln. Die Besucherzahl liegt stabil bei 1,2 Millionen im Jahr. Der Berliner Fernsehturm ist damit ganz klar unter den TOP 10 der Hauptstadt gelistet.
Fernsehturm © Ydo Sol Images
Die Faszination der Menschen für die Höhe hat Liedermacher Reinhard May in die bekannten Verszeilen gegossen: „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen und dann, würde was uns groß und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein.“
Wenn sich die Aussichts-Plattform unter den Wolken befindet, schaut der Besucher auf das Miniaturbild der strukturierten Großstadt. Er sieht klitzeklein die Berliner S-Bahn fahren mit ihren derzeitig schon großen Problemen, die eine drohende Privatisierung verschärfen, er sieht die Häuserschluchten und Straßenzüge, die schon lange nicht mehr genügend Wohnraum bieten und schließlich ein scheinbar gut geordnetes Stadtbild – wohl nur von hier oben von der Aussichts-Terrasse liegt dem Besucher ein solches Berlin zu Füßen.
Und bei klarer Sicht reicht der Blick sogar bis zum 60 Kilometer entfernt gelegenen Freizeitpark Tropical Island in der Niederlausitz. Hier sollten bis zur Pleite in der Cargolifterhalle jede Menge Luftschiffe produziert werden. Man kann auch gut das Kalkwerk in Rüdersdorf sehen und vielleicht in Zukunft möglicherweise auch auf die Montagewerkhallen für Elektrofahrzeuge der Firma Tesla in Grünheide schauen. Die Faszination der Aussichtsplattform des Berliner Fernsehturm: Es ist alles, „was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“
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