Aufmarsch der Naturschönheiten
Neuseelands Natur fasziniert jeden Besucher: Von Vulkanen, Gletschern, Fjorden, Geysiren, tiefblauen Seen, Graslandschaften bis zu einsamen Stränden ist alles dabei
Januar/ Februar 2018
Marlborough Sounds im Norden der Südinsel Neuseelands
Immer wieder schwärmen die Besucher von der unglaublichen Vielfalt der Natur in Neuseeland. In welchem anderen Land findet man Berge und Gletscherfelder wie in den Alpen, Fjorde wie in Norwegen, schier endlos sich ausstreckende begrünte Graslandschaften mit Schafen und Kühen wie in Irland oder Geysire wie im Nationalpark Yellowstone in den USA.
Ebenso vielfältig präsentiert sich auch die Küste von Neuseeland. Sie ist so bizarr geformt wie romantisch gestylt, verfügt über lange einsame Strände, die durch Felsen zerklüftet sind wie auch über feine weiße Sandstrände, die zum Sonnen und Baden einladen. Mit mehr als 15.000 Kilometer besitzt das Inselland im Südpazifik eine der längsten Küstenlinien auf der Welt (10. Platz). Die Nordinsel ist geprägt durch ihre Vulkane und zeichnet sich durch mildes Klima aus, fasziniert durch goldgelbe Strände und Tierparadiese in für Massentourismus unzugänglichen Küstenstreifen und Landzungen.
Tölpel am Cape Kidnappers
Dazu gehört die riesige Vogel-Kolonie der Tölpel mit mehreren tausenden Tieren nicht weit von Napier entfernt am Cape Kidnappers. Die Bezeichnung geht noch auf den englischen Kapitän Cook zurück und die verworrene Zeit der ersten Kontakte mit den Ureinwohnern. Die Maori entführten einen jungen Dolmetscher aus Tahiti, Mitglied der Schiffs-Mannschaft, der sich aber befreien konnte. So wurde die Entführung zum Namensgeber für die Landspitze.
Eine Tour zu den Tölpeln vom Cape Kidnappers unternimmt man in einem Minibus von Gannet Safaris. Die Route führt durch eine malerische Hügellandschaft, die allerdings vor zwei Jahren durch einen Zyklon ziemlich gelitten hat und jetzt wieder aufgeforstet werden soll. Übrigens hat sich große Teile des abgesperrten Naturschutz-Gebietes der US-Millionär Julian Robertson gekauft, der dort für auserlesene Prominente eine Golfanlage angelegt und eine Lodge gebaut hat, wo sie sich weitgehend versteckt aufhalten können, zumal sie per Hubschrauber einfliegen. Auch für solche ausgefallenen Ambitionen hat Neuseeland Platz.
Der Vogel-Kolonie ganz nah
Nach 50 Minuten Fahrt sind die Nistplätze der Tölpel erreicht. Es ist ganz wunderbar, dass die Besucher sich der Kolonie auf nur wenige Meter nähern können, ohne die Tiere zu stören. Nur zur Brutzeit ist der Zugang völlig gesperrt. Die großen Vögel können bis zu 30 Jahre alt werden und kommen über weite Wege aus Australien im Juni zum Nisten hier ans Cape. Bei meinem Besuch im Januar sind die grau gefärbten Jungvögel, die von den erwachsenen weißen Vögeln mit goldgelber Kopfzeichnung gefüttert werden, gleich groß wie ihre Eltern. In wenigen Wochen müssen sie dann ihren ersten Fernflug über 3.000 km bis nach Australien absolvieren. Ständig landen und starten die Vögel, um ihren Nachwuchs mit Futter aus dem Meer zu versorgen. Der Start, aber noch mehr die Landung, wirkt recht ungeschickt und tölpelhaft, nomen est omen.
Am Cape Kipnappers
Tölpel-Kolonie
Bei der Fütterung
Naturphänomene aus der Erdkruste
Die Region um den Ort Rotorua steht auf der Nordinsel an der Spitze der Attraktionen für Touristen. Und das ist auch nicht verwunderlich. Denn der kleine Ort Rotorua am gleichnamigen See ist quasi die Welthauptstadt der am besten zugänglichen Geothermalgebiete auf der Erde. Auch die an einigen Stellen damit verbundene Duftnote von aufsteigendem Schwefelwasserstoff (Geruch von faulen Eiern) bremst keineswegs die Neugier der Touristen.
Etwa 30 Autominuten von Rotorua entfernt liegt Wai-O-Tapu Wonderland der heißen Quellen. Es hat auf einer Fläche von 18 Quadratkilometern jede Menge kollabierte Krater, heiße und kalte Seen, hoch kochende Schlammtümpel und dampfende Erdspalten zu bieten. Alles das ein Ergebnis von Vulkanen, die vor 160.000 Jahren ausbrachen und diese bizarre Landschaft formten.
Pünktlich um 10.15 Uhr tritt dann täglich Geysir Lady Knox auf. Wie in einem Amphitheater haben sich hunderte Touristen auf langen Sitzreihen versammelt. Mit der Zugabe von seifigen Tensiden beginnt der Geysir gehorsam eine bis zu zehn Meter hohe Wasser-Chemikalien Fontäne nach oben zu schießen. Hunderte von Kameras aller Formate und Größen starten ein heftiges Klick-Feuerwerk.
Geothermalpark Wai-O-Tapu
Geysir Lady Knox
Champagne Pool
Champagne Pool orange eingerahmt
Auf den Wanderwegen im Gelände ist viel zu bestaunen. Da gibt es schwefelreich dampfende Krater (Devil's Home) und die runden Schlammtümpel (Devil's Ink Pots – Tintenfässer des Teufels).
Eine besondere Attraktion ist zweifellos der Champagne Pool, dessen Quelle einen Durchmesser von 65 Metern und eine Tiefe von 62 Metern aufweist. Seine Wassertemperatur liegt bei 74 Grad Celsius und durch Kohlendioxid entstehen aufsteigende Perlen. Der Pool, mit einem grau-orange Rand eingerahmt, enthält mineralhaltiges Wasser mit Anteilen von Gold, Silber, Arsen, Quecksilber, Schwefel. Das Wasser ist auch reich an Siliziumoxid, das sich beim Verdunsten ablagert und über Jahrhunderte Terrassen bildet.
Die Besucher kommen angesichts der Vielzahl von Kratern und Geysiren aus dem Staunen nicht heraus. Und dennoch bleibt der Kratersee Devil's Bath mit seiner neongrün leuchtenden Wasserfarbe, hervorgerufen durch Arsensulfide, besonders in Erinnerung. Diejenigen Bildmotive sind besonders attraktiv, in denen Kraterseen von einer grünen Landschaft und Bergen im Hintergrund eingerahmt werden.
Devil's Bath
Der Spitzname und haarige Früchte
Eine der ersten Lektionen, die der Tourist zu lernen hat, ist die verschiedenen Bedeutung des Wortes Kiwi. Eigentlich ist Kiwi eine Frucht, außen haarig, innen grün, die ursprünglich aus China kommt, und Mitte des 20.Jahrhundert von Neuseeland im großen Stil nach England exportiert wurde. So verbreitete sich der Spitzname Kiwi für die Neuseeländer, das Land aus dem damals die Kiwis nach Europa kamen. Mittlerweile kommen die meisten Kiwis aus Italien auf den deutschen Markt.
Kiwi Statue in Queenstown
Doch ursprünglich hat die Bezeichnung etwas mit einem für Neuseeland typischen Vogel zu tun, dem flugunfähigen Kiwi. Er ist aufgrund der erdgeschichtlichen Entstehung nur in Neuseeland zu Hause. Als vor mehr als hundert Jahren eine Firma diesen Vogel als Logo auf eine Schuhcreme platzierte und neuseeländische Soldaten sie im 1. Weltkrieg mit nach Europa brachten, war die Erhebung des Kiwi zum Symbol des Landes nicht mehr aufzuhalten. Während andere Nationen sich als Wappentier in der Mehrzahl für Löwen und Adler entschieden haben, wählten sich die Neuseeländer den Kiwi. Er kann nicht fliegen, aber mit seinen starken Beinen schnell weglaufen, er ist nur schlecht getarnt und deshalb nachtaktiv und hat sich dank der intensiven Kost von fetten Würmern und Insekten zu einem „übergewichtigen Fußgänger“ entwickelt. Übrigens zur Unterscheidung wird dem haarigen Obst mit grünem Fleisch der Zusatz Frucht hinzugefügt, also Kiwifrucht. Der Kiwi-Vogel als Wappentier und Spitzname für die Neuseeländer - keine so unsympathische Wahl.
Kiwi Verkehrsschild im Tongariro Nationalpark
Kiwi-Vögel im Halbdunkel
Während die Figur wie die Abbildung des Kiwi-Vogels in allen Souvenir-Läden massenhaft auftritt, ist sein natürliches Vorkommen in der freien Wildbahn nur noch auf wenige Naturschutzgebiete reduziert. Und da die Tiere nachtaktiv und sehr scheu sind, haben selbst viele Einheimische kaum eine Chance, die Tiere in natura zu sehen. Doch auch für dieses Problem haben die praktisch veranlagten Neuseeländer eine Lösung. Im Kiwi North Center in Maunu auf der Nordinsel hat man für zwei Kiwi den Tag zur Nacht gemacht. So kann der Besucher am helllichten Tag in einem verdunkelten großen Terrarium hinter einer Glasscheibe mehrmals am Tag die Fütterung der Tiere beobachten. Ihr Schnabel ist sehr lang und nach unten gebogen. Auch im Halbdunkel ihres Terrariums war gut zu erkennen, dass sie sich ab und zu auf ihrem Schnabel abstützen, um beim Stehen das Gleichgewicht zu halten. Als sich im Zuschauerraum bei der Fütterung ein Kind bewegte, huschten beide Kiwis außer Sichtweite, um etwas später zögerlich wieder aufzutauchen. Sie sollen nicht gut sehen, besser hören und sehr gut riechen können – komische Vögel.
Schutz von Flora und Fauna
Die Neuseeländer investieren viel, um die Natur ihres Landes zu schützen. Das beginnt damit, dass
sie auf den Flughäfen das Einfuhrverbot von Lebensmitteln in ihr Land sehr scharf mit extra ausgebildeten Suchhunden kontrollieren. Überall hängen Schilder, die darüber informieren, dass ein widerrechtliches Mitführen von Lebensmitteln jeder Art sofort mit einer Strafe von mindestens 400 Neuseeland-Dollar belegt wird. Da kann ein kleiner unschuldiger Apfel richtig teuer werden.
Der Kauri-Baum ist der größte und berühmteste der in Neuseeland beheimateten Bäume und der große Stolz der Neuseeländer. Er wächst im gemäßigten Regenwald der Nordinsel. Einst bedeckten sie große Teile der Insel. Heute gibt es nur noch wenige Exemplare.
Von Auckland etwa 120 Kilometer Richtung Norden entfernt, erstreckt sich an der Westküste der Waipoua Kauri Forest. Das Kauri-Museum in Matakohe präsentiert seinen Besuchern ganz unaufgeregt den Star des Urwaldes, der bis zu 2.000 Jahre alt werden kann. Seit der Besiedlung von Neuseeland wurden die Giganten ein Exportschlager und drohten der Holzindustrie zum Opfer zu fallen. Schließlich stellte die Regierung die Riesenbäume vor 60 Jahren unter Naturschutz. Der Bestand ist heute gefährdet durch pilzähnliche Mikroorganismen, die durch die Schuhe der Besucher eingeschleppt werden und langfristig zum Sterben der Kauris führen können. Es wird daher erwogen, die Kauriwälder für die Besucher zu sperren.
Tane Mahuta, "Gott des Waldes", mit geschätzten 2000 Jahren der älteste lebende Kauri-Baum
Vogelparadies Zealandia
Das Naturschutzgebiet Zealandia Ta Mara a Tane liegt in Karori, einem Vorort von Wellington. Es ist nach dem neuseeländischen Mikrokontinent benannt, der sich vor 85 Millionen Jahren vom Gondwana-Land abgetrennt hat. Das Reservat hat die beachtliche Größe von 253 Hektar und ist mit einem 8,6 km langen vor Raubtieren gesicherten Zaun umgeben. Überall sind Vogelstimmen zu hören, an einer Stelle im Gelände sogar auf Knopfdruck. Eine Vielzahl von Vögeln ist hier zur Freude der Besucher unterwegs. Da ist der North Island Saddleback (mit einem braunen Streifen auf dem Gefieder) und der North Island Robin zu beobachten. Da erscheint der Takahe auf der Bildfläche, ein großer flugunfähiger Vogel. An einer Futterstelle sind mehrere Kaka zu entdecken, eine große Papageienart. Außerdem sind die Taube Kerekü und der Vogel Tui mit einer weißen Kugel an der Brust zu sehen. Ein Paradies für die einheimische Vogelwelt und für die Touristen.
Vogelparadies Zealandia bei Wellington
Der flugunfähige Takahe
Tui
Papagei Kaka
Taube Kererü
Bei den königlichen Albatrossen
Auf der Südinsel gelang es vor 80 Jahren, den einzigen Brutplatz für den Königs-Albatros auf dem Festland einzurichten. Mittlerweile hat sich die Kolonie der Extremflieger auf Taiaroa Head auf der Südinsel fest etabliert und es kommen etwa 140 der großen Flugmaschinen mit einer Flügelspannweite von über 3,5 Metern hierher. In dem Naturschutzgebiet können die Touristen im Royal Albatross Centre die Albatrosse von einer abgeschirmten Plattform ausgiebig beobachten. Etwa 20 m entfernt befindet sich ein Nest mit einem Muttertier und dem Nachwuchs, der erst vor kurzem geschlüpft ist. Ein großartiges Tiererlebnis und Foto-Motiv. Die Vögel leben zu 80 Prozent ihres Lebens über Wasser, schlafen auch auf dem Wasser, können jährlich bis zu 190.000 Flug-Kilometer zurücklegen und kehren immer wieder zu ihrem Nistplatz zurück. Und man kann sich die Albatrosse auch von zuhause vom Sofa aus ansehen, denn es gibt eine Live-Kamera, die ein ausgewähltes Brutpaar für rund 10 Monate von der Balz, Paarung, der Eiablage, dem Brüten bis zur Aufzucht des Jungtieres rund um die Uhr beobachtet.
Königs-Albatros mit Küken
Flügelspannweite des Albatros im Vergleich mit Kormoran, Schwarzrücken-Möwe, Rotschnabel-Möwe, Sperling und den ausgebreiteten Armen des Menschen
Gletscher wie in den Alpen
Die Gebirgszüge auf der Südinsel werden ohne Übertreibung als die „Südlichen Alpen“ bezeichnet. Immerhin erreichen 17 Gipfel eine Höhe von mehr als 3000 Meter. Wie auch die Alpen in Europa haben die Neuseeländischen Alpen ihre Gletscher. Ihre Eiszungen reichen weit hinab in die Regionen des Regenwaldes und der Küste und wie in Europa sind sie durch die Klimaveränderung teilweise auch auf dem Rückzug. Das eisige Zentrum bilden die nicht weit entfernt voneinander liegenden Franz Josef Gletscher und der Fox Gletscher. Naheliegend für die Touristen wurde die kleine Ortschaft Weheka gleich in „Township Fox Glacier“ umbenannt. Wie in Österreich oder der Schweiz führen viele Wanderwege zu den Gletscherzungen.
Franz Josef Gletscher
Nur sechs Kilometer vom Fox-Gletscher entfernt liegt der Lake Matheson. Sensationelle Sichten auf den Gletscher verspricht eine Wanderung rund um den See. An einigen Aussichtspunkten spiegeln sich die Berge und Gletscher auf der Seeoberfläche wider. Außerdem schlägt den Besucher der an den schmalen Pfad um den See angrenzende Urwald mit seinen riesigen Baumfarnen in seinen Bann. Später auf der Straße ein noch intensiveres Erlebnis des Urwaldes. Die Strecke führt scheinbar mitten durch sehr dichtes undurchdringliches grünes Buschland, das wie eine grüne Mauer die Fahrbahn säumt. So hat es früher nahezu überall in Neuseeland ausgesehen, ehe die Besiedlung vor rund 700 Jahren durch die Maori, die Ureinwohner Neuseelands und später durch die Europäer den Urwald zurückdrängte.
Weg um Lake Matheson
Lake Matheson mit Sicht auf Mt.Cook (re) und Mt Tasman (li)
Bildergalerie der Naturschönheiten von Neuseeland