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Ronald Keusch

Festspiele für alle Sinne

Bregenz am Bodensee lockt mit Kunst, Kultur und Käsknöpfle




Aufführung von "Aida" auf der Seebühne in Bregenz
Aufführung von "Aida" auf der Seebühne in Bregenz

Eine Seilbahn, die auf den Berg zu den Aussichten führt, ist in Österreich überhaupt nicht ungewöhnlich, gehört einfach dazu. Die ganzjährig betriebene Pfänderbahn im österreichischen Vorarlberg am Bodensee hat allerdings schon etwas Besonderes. Sie führt in sechs Minuten auf 1064 Meter Höhe und erlaubt einen einzigartigen Ausblick auf den gesamten 63 Kilometer langen und 14 Kilometer breiten Bodensee.

Blick auf den Bodensee und die Rheinmündung in den Bodensee
Blick auf den Bodensee und die Rheinmündung in den Bodensee

Von diesem berühmtesten Aussichtspunkt der Region sind auch das Rheintal und mehr als 200 Alpengipfel der Schweiz, Liechtensteins, Österreichs und des Allgäus zu erkennen. Es ist zugleich auch ein Blick in eine Kulturlandschaft rund um die Stadt Bregenz, die den Touristen zu vielfältigen und überraschenden Entdeckungen einlädt.




Bummeln auf der Seebühne


Als ein Leuchtturm der Region für anspruchsvolle und zugleich massenwirksame Kultur haben sich die Bregenzer Festspiele mit ihrer spektakulären Seebühne entwickelt. Als sie im Jahr 1946 auf zwei alten Lastkähnen an den Start gingen und ein Jahr später die erste provisorische Bühne entstand, konnte niemand den Werdegang zum heute überwältigenden Kulturereignis mit einem Jahresbudget von 20 Millionen Euro ahnen.


Besichtigung der Seebühne am Tage
Besichtigung der Seebühne am Tage

Jetzt werden 7.000 Plätze auf der Seebühne angeboten, es entstand 1980 das Festspielhaus mit 1.650 Plätzen und weitere Bühnen und Studios. In der Sommersaison gehört die Kulisse der Seebühne zur Bummelpromenade der Stadt Bregenz dazu. In diesem Jahr ist sie geprägt durch Verdis Aida-Aufführung. Zwei 68 und 51 Meter hohen Kräne und zwei überdimensionale Füße der Freiheitsstatue, versehen mit dem Blau und den gelben Sternen der US-amerikanischen Fahne, avancieren zum Besuchermagnet. Für sechs Euro kann sich jeder Besucher einen Vorgeschmack auf die abendliche Vorstellung holen, wenn er noch Karten bekommt.



„Hast du meine Alpen gesehen?“


Im Hinterland von Bregenz, nur wenige Kilometer vom Bodensee entfernt, wird der Kulturtourist bereits im Dorf Schwarzenberg fündig. Hier findet er den Austragungsort des auch international bekannten Festivals der Schubertiade. Mitten in dem Dorf Schwarzenberg mit altwürdigen Gasthäusern, Almwiesen und Bergpanorama befindet sich ein kleiner Konzertsaal, der über 600 Plätze und hervorragende Akustik verfügt. Die nächsten Klavier- und Orchesterkonzerte finden vom 29. August bis 8 September statt.


Dorfzentrum von Schwarzenberg

Nicht weit entfernt steht ein historisches Haus aus dem 16. Jahrhundert, in dem in modernen Schauräumen ein Museum für die Malerin Angelika Kauffmann eingerichtet wurde. Als einzige Frau ihrer Epoche wagte sie den Tabubruch, malte großartige historische und mythologische Szenen, hatte großen Erfolg.


Das Jüdische Museum in Hohenems
Das Jüdische Museum in Hohenems

Wenige Kilometer weiter führt der Weg in das jüdische Museum im Bodenseeraum Hohenems. Das Museum erinnert an die Geschichte der Hohenemser Juden und ihre Beziehungen zu den jüdischen Gemeinden Europas – im Vierländereck zwischen Österreich, der Schweiz, Deutschland und Lichtenstein. Besonders interessant ist die Sonderausstellung mit dem Titel „Hast Du meine Alpen gesehen?“, in der die Bedeutung der Berge besonders für orthodoxe Juden dargestellt wird. Viele jüdische Familien fanden im Landleben in den Bergen mehr Freiheit als in den Städten. Im 20. Jahrhundert wurden dann die Alpen auch zum Kampfplatz der Politik, der Ideologien und der Verfolgung. Die Sonderausstellung wird hier bis zum 4. Oktober gezeigt und ist dann später auch in Bern, Wien und Berlin zu sehen.


Die Schattenburg über Feldkirch
Die Schattenburg über Feldkirch

Über dem benachbarten Feldkirch, dem zweitgrößten Ort in Vorarlberg, thront die Schattenburg, eine der besterhaltenen Burganlagen Mitteleuropas aus dem frühen 13. Jahrhundert. Heute ist hier ein Heimatmuseum eingerichtet, mit sehenswerten alten Möbeln, Trachten, Gemälden und einer Waffensammlung. Vom Bergfried bietet sich ein schöner Blick auf Feldkirch.




Blick auf Feldkirch und die Vorarlberger Alpen
Blick auf Feldkirch und die Vorarlberger Alpen


Geheimrezept der Käsknöpfle


Eine Kultur für Feinschmecker kann der Besucher in dem kleinen Dorf Schönenbach ausprobieren. Das Gasthaus Egender ist in der Region bekannt für seine jahrhundertealte Spezialität – die Käsknöpfle. Nun ist ein Teig aus Eiern, Mehl, Salz und Milch, der dann mit geriebenem Käse angerichtet wird, eine altbekannte Mischung, nennt sich in Tirol Käs-Spatzen und in Schwaben Käs-Spätzle. Doch der gelernte Koch Bruno Ratz, der in das Traditions-Gasthaus Egender eingeheiratet hat, fertigt seine Käsknöpfle nach einem geheimen Familienrezept.

Der Wirt vom Gasthof Egender besitzt das Geheimrezept für Käsknöpfle
Der Wirt vom Gasthof Egender besitzt das Geheimrezept für Käsknöpfle

Ganz entscheidend, so der Macher der schmackhaften Knöpfle, sind die unterschiedlichen Reifegrade vom Käse. Der noch junge Käse, der von der Alm kommt, wird in einem eigens vom Gasthof eingerichteten Reifekeller bis zu zwei Jahre gelagert. Insgesamt vier verschiene Reifegrade dieses Almkäses erzeugen den unverwechselbaren Geschmack der Käsknöpfle. Obendrauf gehören dann Zwiebeln aus eigenem Anbau, die hell in Butter geröstet die Knöpfle noch verfeinern. Ganz variabel kann dazu ein Wein, Bier oder sogar ein Glas Milch gewählt werden, der Obstler danach ist aber Pflicht. Viele Touristen, vor allem aus Deutschland, kommen extra wegen der berühmten Käsknöpfle in die traditionelle Gaststube. Wer es allerdings nicht bis nach Schönenbach schafft, kann sich damit trösten, dass die Käsknöpfle überall im Bregenzer Wald beheimatet sind. Von Mitte September bis Ende Oktober wird hier der Käseherbst gefeiert mit Käse-Straßenwirten, Käse- und Weinverkostungen, Käsewanderungen und Vorführungen in Schau-Sennereien.



Kunsthaus in Bregenz (Foto: Vorarlberg Toursimus)

Kunsthaus mit Glashaut


Neben den Festspielen auf der Seebühne ist noch ein weiterer Wallfahrtsort für Kunst und Kultur in Bregenz entstanden. Im Jahr 1997 baute der berühmte Schweizer Architekt Peter Zumthor das Kunsthaus. Es zählt weltweit zu den bedeutendsten Museumsbauten der zeitgenössischen Architektur. Gestaltet als ein kompakter Turm, besteht das Besondere an dem Bau in einer Innen- und Außenhaut aus Glas, die ein Tageslicht-Museum möglich macht. Mittlerweile hat sich das Museum für moderne Kunst einen festen Platz in Europa erworben. Die diesjährige große Sommerausstellung präsentiert bis zum 4. Oktober Werke des bekannten britischen Bildhauers Antony Gormley.


"Critical mass“ – Installation des britischen Bildhauers Antony Gormley
"Critical mass“ –  Installation des britischen Bildhauers Antony Gormley

Seine Arbeiten „Critical Mass“ und „Clearing“, die jeweils in einem großen Raum untergebracht sind, geben überraschende und originelle Denkanstöße zum Thema, wie sich der Mensch als Individuum behaupten kann. Auch Bregenzbesucher ohne Vorliebe für und Erfahrung mit moderner Kunst, sollten sich dieses Kunsthaus nicht entgehen lassen. Der Ausstellung von Gormley folgen Ende Oktober eine Sammlung skulpturaler Videoelemente des amerikanischen Videokünstlers Tony Oursler.



Bühnenbild der Oper Aida auf der Seebühne von Bregenz
Bühnenbild der Oper Aida auf der Seebühne von Bregenz


Wüstenoper Aida auf dem See


Für den Kultursommer in Bregenz haben die Festspiele eine einzigartige Bedeutung. Sie ziehen zig-Tausende von Touristen an und sind damit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region. Bis zum 23. August steht die Verdi-Oper Aida auf dem Spielplan. Stolz verkündet die Homepage des Festivals https://bregenzerfestspiele.com/de, dass von den insgesamt 192.000 aufgelegten Tickets bereits 86 Prozent gebucht sind.


Seebühne im Bodensee Bühnenbild der Oper Aida

Dass der Opernklassiker anstatt in der Wüste Ägyptens zum Teil auf, über und im See spielt und während der Aufführung hohe Baukräne zwei Maskenhälften der Kulisse zusammensetzen, wird wohl noch als zusätzlicher Anreiz vom Publikum honoriert. Überraschend ist für viele, dass die Qualität der Orchestermusik und besonders die Stimmen der Sänger durchgängig hoch sind. Dafür sorgen 800 Lautsprecher und eine Akustikanlage, die die Bregenzer zusammen mit dem Fraunhofer Institut entwickelt haben. Sie schafft akustische Sektoren, die dem Zuhörer eine echte Zuordnung des jeweiligen Sängers vermitteln.

Romantische Kulisse der Oper Aida am Abend (Foto: Vorarlberg Tourismus)
Romantische Kulisse der Oper Aida am Abend   (Foto: Vorarlberg Tourismus)

Die Wiener Symphoniker sitzen mit ihrem Dirigenten im nahen Festspielhaus immer im Trocknen. Unauffällig aufgestellte Monitore überall machen es möglich. Bei so viel spektakulärer Technik wundert man sich schon, dass der Dirigent Carlo Rizzi nicht von seinem Podium im Festspielhaus wie bei Star Trek auf die Seebühne gebeamt wird. Er besteigt ein Auto, das für alle sichtbar hinter die Kulissen fährt und er holt sich den großen Beifall vom Publikum zu Fuß ab.


Schlussapplaus für die Darsteller der Oper Aida
Schlussapplaus für die Darsteller der Oper Aida

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