Die Flusstäler Vorpommerns bieten auch grünen Tourismus
Flusslandschaft an der Peene
„Wir haben einen versteckten Schatz gehoben, sozusagen eine neue Region für die Urlauber“, erzählt Antje Enke vom Büro für Medien und Tourismus in Anklam. Zum Start ihres Netzwerkes „Abenteuer Flusslandschaft“ vor sieben Jahren gab es im Peene-Tal kaum einen Bootsverleih oder Unterkünfte. „Mittlerweile haben wir mehr als 30 Partner vom Natur- und Landschaftsführer, über Kanuverleiher und Rasthausbetreiber bis zu Pensionen und mittleren Hotels“, so Enke stolz.
Antje Enke wirbt für das Peene-Tal
Im Jahr 2010 wurden die Flusstäler Vorpommerns sogar in Brüssel mit dem EDEN-Award (European Destination of ExcelleNce) als exzellentes Reiseziel in Europa ausgezeichnet.
Heimat der Biber und Fischotter
Zunächst wurde mit dem Preis eine weltweit einmalige Landschaft aufs Podest gehoben. Das Peene-Tal entstand in der Eiszeit vor 8.000 Jahren als eine Rinne des Schmelzwassers der zurückweichenden Gletscher im Ostseebereich des Oderhaffs. Es reicht vom Kummerower See bis zur Mündung und besitzt ein einmaliges Phänomen. Die Peene mit einem Gefälle von nur 24 Zentimetern ist faktisch ein stehendes Gewässer, das durch die jeweilige Richtung des Windes ihre Fließrichtung erhält. Es entstanden Moore und eine einmalige Torflandschaft. Beginnend im 18. Jahrhundert unter dem Preußenkönig Friedrich II. und bis in das 20. Jahrhundert gab es große Anstrengungen der Melioration, um mit der Torfentwässerung Flächen für die Landwirtschaft zu erschließen. Die ökonomischen Ergebnisse blieben sehr dürftig und führten vor 20 Jahren dazu, schrittweise das existierende hydrologische System zu renaturieren. Es entstanden Naturparks wie „Flusslandschaft Peene-Tal“, die sich einem sanften Tourismus öffneten. So entwickelte sich hier das größte zusammenhängende Naturgebiet der Biber und Fischotter in Europa. Auf der Peene, völlig ohne Schleusen und Wehre mit nahezu vollständig unbegradigten Ufern, können Strecken bis zu 80 Kilometer im Kanu absolviert werden. Genauso leise und bequemer geht es im Solarboot.
Neuer Rastplatz für Wasserwanderer Auf dem Floß auf der Peene unterwegs
Hotel mit regenerativer Energie
Bei so viel grünem Tourismus fehlen nicht grüne Technologien. Sie sind nahe von Anklam in dem Gutshof Liepen zu finden, der nur ein paar hundert Meter entfernt von der Peene gelegen ist. Hier wurde im Jahr 2009 ein Hotel mit derzeit 35 Betten eröffnet. Der ehemalige Bullenstall verwandelte sich in einen rustikalen Festsaal für 80 Gäste.
Der Hofladen vom Gutshof Liepen
Bis zur Saison 2014 wird das rund 100 Jahre alte Gutshaus umgebaut. In dem historischen Gebäude sollen weitere 15 Doppelzimmer entstehen und als ein besonderer Anziehungspunkt eine Bade- und Saunalandschaft mit Parkblick. Das Schwimmbad wird 1800 Quadratmeter groß sein und es ist geplant, insgesamt sechs Saunen auch für externe Gäste einzurichten. Die Betreiber und Besitzer des Gutshofes Liepen, Stefan Fütterer und seine Partnerin Birgit Flore, kommen aus der Solarbranche und fühlen sich dem nachhaltigen Tourismus verpflichtet. „Unser Anspruch ist es, das Hotel und die Wellnesslandschaft nahezu energieautark mit regenerativer Energie zu betreiben“, so Fütterer.
Folgerichtig entstehen hier zwei Blockheizkraftwerke. Mehrere Wärmepumpen und weitere Photovoltaikanlagen kommen zum Einsatz. Die Technik der Photovoltaik bewährt sich seit 2009 schon auf der Peene. Gegenwärtig können die Urlauber mit Solarkatamaranen lautlos über das Wasser gleiten und sich seit Anfang dieses Jahres die weltweit erste Solaryacht im Fünf-Sterne-Bereich mieten.
Das Dörphus in Stolpe
Die Wartislaw-Kirche in Stolpe
Das lebendige Geschichtsbuch Stolpe
Nur wenige Kilometer von Liepen entfernt liegt das Dorf Stolpe. Hier kann der Urlauber mit der Ortschronistin Marita Gehrke, die auch zum Netzwerk im Peene-Tal gehört, tief in die Geschichte Mecklenburgs eintauchen. Stolpe wurde bereits 1135 gegründet. Hier entstand im 12. Jahrhundert auch das erste Kloster des Benediktinerordens in Vorpommern. Auf dem Programm des Rundganges durch das geschichtsträchtige Dorf stehen auch die neugotische Wartislaw-Kirche und das Dörphus.
Dieses aus luftgetrockneten Lehmsteinen errichtete Haus diente früher als sogenannte Schnitterkaserne, in der landlose umherziehende Erntehelfer untergebracht wurden. Heute ist hier ein liebevoll eingerichtetes kleines Museum über den Alltag des Landlebens in Mecklenburg untergebracht. Auch der mecklenburgische Heimatdichter Fritz Reuter war Mitte des19. Jahrhunderts oft zu Gast und einige Plätze und Zeitgenossen aus Stolpe sind in seinen literarischen Werken wiederzufinden.
Fremdenführerin Marita Gehrke Das noble Gutshaus in Stolpe
Noble Ruhe-Oase im Gutshaus
Ein nobles und gediegenes Quartier wurde 1996 in dem 150 Jahre alten Gutshaus Stolpe eingerichtet. Die Familie Stürken bewirtschaftete das Gut von 1926 bis zum Ende des 2. Weltkrieges. Der Sohn Kurt Stürken erwarb das elterliche Gut 1994 von der Treuhandanstalt. Er baute es zu einem feinen Hotel aus mit 33 Zimmern, davon sechs Suiten, zu dem eine Gourmet-Küche und ein Sternekoch gehören. Zum Ensemble gehört auch der nahe gelegenen 300 Jahre alte denkmalsgeschützte Fährkrug, in dem Hotelier Stürken ein rustikales Restaurant einrichtete.
Der Fährkrug in Stolpe
„Wir bieten den Usedom-Urlaubern eine Ruhe-Oase“, sagt Hoteldirektor Alexander Stiller. Die Strände der Ferieninsel liegen, so Stiller, nur 45 Autominuten entfernt. Die Ufer der Peene, wo der Urlauber in ein Kanu steigen kann, sind schon in drei Minuten erreichbar.
Ferienhaus auf dem Wasser
Schwimmende Ferienhäuser
Um auf die Spur von Biber, Seeadler und Co. zu gehen, wartet das Netzwerk in der Saison 2012 mit einer Reihe neuer Angebote auf. Im Mai dieses Jahres können die Urlauber von Anklam mit Bungalowbooten, kurz Bunbos, Kurs auf die Peene nehmen. Die schwimmenden Ferienhäuser haben eine Küchenzeile, ein Bad und außerdem für die etwas kälteren Jahreszeiten einen Kaminofen an Bord. Es ist alles für einen Urlaub an Bord vorhanden, sogar eine Hängematte kann auf der Terrasse aufgespannt werden. Das Bungalowboot mit einem 15 PS starken Motor sorgt für eine entspannte Fahrt, die allerdings mit einem Bootsführerschein angetreten werden muss. Der Fahrspaß mit Übernachtung kostet für eine Woche abhängig von der Saison zwischen 520 und 835 Euro. Führerscheinfrei kann der Tourist ab Anklam mit „Abenteuerflößen“ schippern und sogar die 100 Kilometer bis zum Kummerower See zurücklegen.
Biberburg im Peene-Tal Im Paddelboot auf der Peene unterwegs
Mit Netzwerk EDEN in Ostseeländer
Das Peene-Tal ist mit seiner Einstufung als exzellentes Reiseziel und mit dem EDEN-Award ein Teil des europäischen EDEN-Netzwerkes mit hundert anderen Regionen geworden. „Einige dieser Regionen stehen uns nahe, wir sind sozusagen Nachbarn, verbunden durch die Ostsee“, sagt die Journalistin Antje Enke vom Anklam-Tourismus. „Wir werden die Kontakte zu unseren EDEN-Partnern nach Polen, Finnland, Litauen und Estland ausbauen. Das bedeutet konkret, dass die Regionen sich gegenseitig bei den Urlaubern empfehlen und durch eine Vernetzung auch Urlaubsangebote auf der jeweiligen Website buchen können.“ So seien in diesem Jahr Peene-Urlauber zum Paddeln in das finnische Seengebiet Saima gestartet und auch polnische und litauische Ziele stehen auf dem Programm.
Abendstimmung an der Peene
Wenn es in der Vergangenheit immer hieß, dass innerhalb Deutschlands sich in Mecklenburg alles mit riesiger Verspätung vollzieht, tritt der Nordosten von Vorpommern mit seinen rührigen Tourismus-Machern den Gegenbeweis an. Die pommersche Flusslandschaft arbeitet mit ihren europäischen Partnern erfolgreich daran, die Marke „EDEN“ im europäischen Reisegeschäft zu etablieren.
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