Ein Abend mit der Kultfigur Elvis Presley im Schlosspark Theater Berlin
Nils Strassburg in der Rolle des Elvis Presley © Ronald Keusch
Einer schönen Tradition folgend, präsentiert das Schlosspark Theater Berlin auf seiner Bühne meist in Gastspielen legendäre mit ihrer Musik berühmt gewordene Künstler und ihre Biografien. Nach den Programmen aus jüngster Zeit über die unvergessene Marlene Dietrich (https://www.keusch-reisezeiten.de/post/2019-11-theater-marlene-dietrich), die großartige Hildegard Knef (https://www.keusch-reisezeiten.de/post/2022-06-rezension-knef) oder die Diva der falschen Töne Florence Foster Jenkins (https://www.keusch-reisezeiten.de/post/2024-01-kultur-glorious) stand nun in einer einmaligen Performance die Musik-Ikone der USA Elvis Presley auf dem Programm. In einer Produktion des Kammertheaters Karlsruhe nennt sich der Titel standesgemäß: „ELVIS – A Tribute to the King of Rock‘n Roll“.
Der erste Satz, den das Publikum von der Bühne zu hören bekommt, lautet sarkastisch: „Es fing alles so wunderbar an und hörte so beschissen auf!“ Er wird ausgesprochen von der Figur des gealterten, kränklichen, übergewichtigen und müden Presley. So beginnt wahrlich nicht ein Lobgesang auf das Heldenleben eines Weltstars und das ganze Musical ist auch weit entfernt von bemühter Schönfärberei, wie wir sie heutzutage leider zu oft in den Medien erlesen müssen. Der Autor des Elvis-Presley-Stückes Ingmar Otto bedient sich für die Darstellung einiger wichtiger Lebensstationen des großen Künstlers eines eleganten und gut funktionierenden Kunstgriffs: Otto lässt drei Personen in die Rolle von Elvis schlüpfen. Neben dem Alter(nden) Ego Presley, dargestellt von Thomas Cermak, und dem jungen Presley, dargestellt von Maram El Dsoki in einer Hosenrolle, steht in scheinbar vollem Saft und Kraft die Legende himself: Nils Strassburg. Er ist für viele Experten und auch für das Medien-Unternehmen Time Warner der beste Elvis-Interpret Deutschlands.
Das Ensemble beim Premieren-Schlussapplaus: Marius Marx, Sarah Merten, Maram El Dsoki, Nils Strassburg, Claudia Wiedemer, Thomas Cermak (v.l.n.r.) © Ronald Keusch
Ebenfalls eine bestechende Idee der Inszenierung von Ingmar Otto ist die Rahmenhandlung des Stückes. Der körperlich und seelisch angeschlagene alte Elvis will ständig aus dem Heartbreak Hotel auschecken, aber hier sinnbildlich auch aus seinen Verträgen in Las Vegas und Hollywood, aus dem von ihm selbst und seinem Management verordneten Alltags-Stress und vielleicht ganz aus seinem Leben. Damit ist das Spielfeld abgesteckt, um einzelne Stationen seines Lebens zu beleuchten, ohne dabei eine Chronik abzuarbeiten. Da werden die ersten überraschenden Erfolge des jungen Sängers gezeigt. Es folgt ein Schwenk auf sein ärmliches Zuhause und den frühen Tod seiner geliebten Mutter.
Nils Strassburg als Elvis © Dominic Pencz
Dann steht sein enorm wachsender Erfolg im Fokus, wie er als schon bekannter und vermögender Künstler während seiner Zeit bei der US-Armee in Deutschland seine große Liebe Priscilla findet. Wie die junge Familie zurück in den USA nach Graceland in das Anwesen von Presley zieht und sich Elvis zunehmend von seiner Frau Priscilla und seiner Tochter entfremdet. Und schließlich, welche Rolle bei all dem sein geschäftstüchtiger und spielsüchtiger Manager Colonel Tom Parker spielt, dem es vor allem um seinen eigenen Geldbeutel geht. Marius Marx verleiht diesem einen zynischen, fast diabolischen Charakter. Doch es bleibt immer ausreichend Zeit und Muße, die Elvis-Titel, zumeist echte Ohrwürmer bis heute, mit Genuss zu hören und sich an der perfekten Show zu erfreuen, von der unvergleichlichen Stimme Nils Strassburgs bis zum so charakteristischen Hüftschwung von „Elvis the pelvis“.
Das Theater-Ensemble aus Karlsruhe hat in Berlin eine perfekte Vorstellung geboten. Das ist sicher zuerst der Regie von Christine Gnann zu verdanken. Die einzelnen Lebensabschnitte von Presley, verknüpft mit Gesangstiteln, fließen harmonisch ineinander zu einem Gesamtbild. Besonders elegant und überzeugend sind jene Szenen, in denen alle drei Elvis-Figuren gleichzeitig auf der Bühne stehen. Ebenfalls gelungene Auftritte sind dem gesamten Darsteller- und Gesangs-Ensemble zu bescheinigen. Claudia Wiedemer als Priscilla und Sarah Merten als junge Priscilla treten nicht nur in zahlreichen Nebenrollen auf, so als Elvis‘ Mutter oder als Krankenschwester. Sie bilden zusammen mit Marius Marx und Maram El Dsoki auch die Background-Stimmen für den Elvis-Interpreter Nils Strassburg. Maram El Dsoki kann darüber hinaus in der Rolle des jungen Elvis mit einigen frühen Elvis-Titeln brillieren, zum Beispiel mit ihrer Liebeserklärung „Love me tender“ an Priscilla.
Nils Strassburg © Ronald Keusch
Für den erfolgreichen Musical Abend sorgen zweifellos auch die vier Musiker der Life-Band und auch das originelle Bühnenbild von Manuel Kolip, der die Musiker hinter einem durchsichtigen Vorhang platziert. Doch bei aller Klasse des gesamten Teams – der Erfolg des Abends hat einen Namen: Nils Strassburg. Schon allein sein Auftritt lohnt den Besuch im Theater in Steglitz. Bereits in jungen Jahren hat der in den USA aufgewachsene Nils die Musik von Elvis Presley in sein Herz geschlossen und ist seitdem auf das Innigste mit dem King of Rock ‘n‘ Roll verbunden. Als der Musiker Strassburg später mit eigener Band und seiner Gesangsstimme seine erste Elvis Presley-Musikshow arrangiert, liefert er keine einfache Kopie, sondern er lebt Elvis, er ist sein Interpret im besten Sinne des Wortes. Das ist ein Geheimnis seines Erfolges und auch in jeder Minute seines Auftritts im Schlosspark-Theater zu spüren. Es gibt immer wieder Szenenapplaus, ob er nun als King of Rock ‘n‘ Roll den Hüftschwung zelebriert, mit lasziven Bewegungen im Rhythmus der Musik mit dem Mikrofonständer in die Knie geht oder provokant mit den Beinen wippt. Und vielleicht versteht der heutige Zuschauer ein wenig, warum solche Elvis-Auftritte vor 70 Jahren als jugendgefährdend eingestuft wurden. Wenn Nils Strassburg in seinen extravaganten Glitzer-Kostümen in die Szene schwebt und fulminant mit seiner dunklen zartschmelzenden Stimme die Elvis Presley Klassiker singt, scheint die Zeit stillzustehen. Er hat als Interpret von Elvis nicht nur den Stil des Singens perfektioniert, sondern bringt auch dessen Charisma mit auf die Bühne. Und die kritischen Szenen und Stationen dieses Lebenslaufes kann man für das Publikum wahrhaftig und glaubwürdig wohl nur als großer Verehrer von Elvis Presley darstellen.
Hauptdarsteller Nils Strassburg mit Hausherr Dieter Hallervorden und Christiane Zander nach der Premiere © Ronald Keusch
Ein großes Lob für das Theater von Dieter Hallervorden für die Aufführung dieses Gastspiels. Gleiches gebührt dem Publikum im Schlosspark Theater, das sowohl die hohe gesangliche und schauspielerische Leistung mit Standing Ovation bedachte als auch die kritische Sicht des Stückes. Hier wird keinem Denkmal gehuldigt, hier wird keine heile Show-Business-Welt gefeiert, sondern es werden auch die Schattenseiten des Ruhmes präsentiert, Stress, Exzesse, Suchtkrankheiten. Elvis Presley starb 1977 in seinem Haus Graceland in Memphis im Alter von nur 42 Jahren. Im Stück sinkt er von Medikamenten und Drogen körperlich ruiniert im Heartbreak-Hotel tot zusammen. Aber seine Stimme, seine Hits sind bis heute lebendig geblieben. Ein Resümee seines Publikums auch außerhalb des Theaters.
Wer kennt sie nicht, die Klassiker in der Hitliste aller Zeiten: „In the Ghetto“, „Heartbreak Hotel“, „Love me Tender“, „Always on my mind“, „Hound Dog“, „It‘s now or never“ oder „That‘s all right“ und viele mehr.
Das Gastspiel „ELVIS – A Tribute to the King of Rock‘n Roll” läuft noch bis zum 16. Mai im Schlosspark Theater. Wer sich beeilt, kann vielleicht noch Karten ergattern.
Nils Strassburg und Ensemble bei der Zugabe zur Premiere © Ronald Keusch
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