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Sydney joggt um das Opernhaus

Die 4-Millionen-Metropole gilt als eine der schönsten Städte der Welt

März / April 2009

Die Skyline von Sydney

Die Skyline von Sydney

Für Australier ist alles auch nur annähernd Ländliche der „Busch“ und ab irgendeinem nicht näher bestimmbaren Punkt wird aus dem „Busch“ der „Outback“. Fährt man noch zweitausend Meilen weiter, kommt man schließlich wieder zum Busch und dann zu einer Stadt und dann zum Meer. Das ist Australien.

Bill Bryson, Frühstück mit Kängurus, 2002

Auf der Taxi-Fahrt vom Flughafen Kingsford Smith in die neun Kilometer entfernte City von Sydney stelle ich dem Fahrer eine der üblichen Fragen der ankommenden Reisenden nach den Wetteraussichten. Mit freudiger Erleichterung und einem Lächeln sagt er, dass der Wetterbericht Regen vorausgesagt hat, und er ergänzt mit strahlenden Augen, vielleicht regnet es sogar die ganze Woche. So begeistert werden Regenaussichten nur angekündigt, wenn im Sommer durch anhaltende Trockenheit und Hitze die Waldbrände sogar bis in die Vororte der australischen Megastädte vordringen. Doch der Wahrheitsgehalt der Wettervorhersagen scheint denen zu Hause zu ähneln. In der Woche in Sydney blieb es, abgesehen von einigen wenigen Regentropfen, trocken und die Sonne schien.

Die Harbour Bridge

Die Harbour Bridge

Touristengipfel ist die Harbour-Brigde

 

Sydney wird häufig als eine der schönsten Städte der Welt eingestuft. Zweifellos macht der Hafen mit seiner Länge von 16 Meilen, mit seinen Meeresarmen und wunderschönen Buchten Sydney zu dem, was es ist. Im Circular Quay, dem Fährhafen mitten im Zentrum, pulsiert an Wochentagen ohne Pause das quirlige Leben der Vier-Millionen-Stadt mit freundlicher Betriebsamkeit. Nur wenige hundert Meter entfernt thront direkt am Wasser der berühmte imposante Opernbau.

Circular Quay – der Fährhafen mitten im Zentrum von Sydney

Circular Quay – der Fährhafen mitten im Zentrum von Sydney

Und schließlich wird dieser Platz zur auserwählten Adresse mit dem Blick auf die 1932 gebaute Harbour-Bridge. Die zehn Stockwerke hohe Spannbrücke mit ihren vier Pfeilern aus riesigen Steinblöcken ist einfach prachtvoll und von vielen Orten der Stadt zu erblicken. Zu jeder Tageszeit sieht man Touristen wie auf einer Ameisenspur die Spannbögen der Brücke besteigen.

Die schönste Zeit für die Brückentour sei der Sonnenuntergang, allerdings auch der teuerste, so erzählte mir die Potsdamer Studentin Sabine mit einer Praktikumszeit in Australien. Nach einstündiger Einweisung und auf dem Höhen-Weg an Gurten gesichert, kostete sie der luftige Spaziergang 249 Australische Doller (derzeit etwas mehr als 200 Euro). Der Fotoapparat muss unten bleiben, Erinnerungsfotos schießen die Veranstalter, die zusätzlich noch zu bezahlen sind. Da erinnere ich mich an Geschichten aus meiner Reiseliteratur, dass sich bei der Gründung der Stadt 1788 unter den ersten Ankömmlingen 700 deportierte Gefangene aus England befanden, darunter auch Wegelagerer. Doch Sabine fühlt sich keineswegs ausgeraubt, sie würde später mit ihrem Freund noch einmal hochklettern, um diese unbeschreiblichen Momente auf der Harbour-Brigde zu erleben - wenn sie genügend Geld zusammen hat.

Die 134 Meter hohe Harbour Bridge
Die 134 Meter hohe Harbour Bridge

Die 134 Meter hohe Harbour Bridge

Das berühmte Opernhaus von Sydney

Das berühmte Opernhaus von Sydney

Attraktive Flaniermeile in der Hafenbucht

 

Vom Opernhaus führt eine der attraktivsten Flaniermeilen, gesäumt durch die Hafenbucht mit Blick auf die Harbour Brigde und die Ausläufer des Botanischen Gartens, bis zu einem Ausguck. Er trägt den Namen „Mrs. Macquaries Chair“ und ist nach der Gattin eines früheren englischen Gouverneurs benannt. Doch zu vielen Tageszeiten sowohl vormittags und besonders in den Mittagsstunden sind an diesem Platz die Touristen in der Minderheit und müssen Platz machen. Denn hier schlängelt sich ein Strom den breiten Weg entlang, umrundet das Opernhaus, hastet lange Treppen hinauf, die zum botanischen Garten führen– ein Strom von Joggern. Sie kommen zu Zweit, in einer kleinen Gruppe, viele Einzelläufer, dann sogar mehr als ein Dutzend, Frauen und Männer, junge und alte, schlanke und dicke, kurze und lange, mit schwarzer, brauner, gelber, weißer und roter Hautfarbe und bunter Kleidung. Sydney läuft.

Im Botanischen Garten von Sydney
Surfer-Paradies Bondi Beach - einer der bekanntesten Strände Australiens

Im Botanischen Garten von Sydney

Surfer-Paradies Bondi Beach - einer der bekanntesten Strände Australiens

Erste Begegnung mit dem Schicksal der Aborigines

 

In der einschlägigen Reiseliteratur bekommen die Museen in Australien meist gute Beurteilungen. Ich kann das aus meinem Erleben nur bestätigen. Besonders hervorzuheben ist der Versuch, nach vielen Jahrzehnten des Schweigens, sich mit dem Thema der Ureinwohner des australischen Kontinents, der Aborigines oder Aboriginals (lat. ab origine - von beginn an) umfassender und ehrlicher auseinander zu setzen. Das Australien Museum in Sydney hat dafür seine gesamte erste Etage eingerichtet.

Das Australien Museum in Sydney

Wer weiß schon, dass die Aborigines seit etwa 50.000 bis 60.000 Jahren den Kontinent besiedelten, eine der ältesten Kulturen in der Welt besitzen und bei den einzelnen Stämmen in Australien wie in den Ländern Europas große Unterschiede in Sprache und Kultur zu finden sind. Sie waren ein Naturvolk der Jäger und Sammler, die ohne Vorstellung von Eigentum und Hierarchien ihr Leben den Erfordernissen des Landes angepasst hatten. Sie fügten sich mit ihren Fähigkeiten und Naturerkenntnissen in die wechselnde Umwelt ein und überlebten alle Klimaänderungen, aber nicht den Zusammenstoß mit der westlichen Zivilisation.

Das Australien Museum in Sydney

Zu Beginn der britischen Kolonisation Australiens wird ihre Zahl auf eine Million geschätzt und sank bis zum Jahr 1920 auf 60.000, hauptsächlich auf Grund eingeschleppter Krankheiten und durch den ungleichen Kampf um Landbesitz. Als größten Angriff auf die Kultur und Familie der Aborigines wird in der Ausstellung die Trennung der Kinder von der Familie bezeichnet. Etwa 100.000 Kinder der Eingeborenen wurden in staatliche Kinderheime eingewiesen oder Opfer von Zwangsadoption. Beispielhaft für diese so genannte „gestohlene Generation“ berichtet die Ausstellung über ein Heim in Kinchela im Bundesstaat Neu-Süd-Wales und über die menschlichen Tragödien, die sich hier abspielten. Nach mehr als 150 Jahren wurde diese Politik 1969 offiziell beendet. Ironie des Schicksals: Ohne die Mitarbeit und Kooperation der Aborigines wäre die Zivilisation des Kontinents unmöglich gewesen, so ein Resümee der Ausstellung. Jeder Reisende in Australien, der nicht die Augen verschließt, wird mit dem Schicksal der Ureinwohner konfrontiert - ich mache keine Ausnahme.

Die Blue Mountains gehören zum UNESCO Weltnaturerbe

Die Blue Mountains gehören zum UNESCO Weltnaturerbe

Spektakuläre Canyons und Wasserfälle in den Blue Mountains

 

Alle Sydney-Besucher werden dringend angehalten, unbedingt die Blue Mountains, eine Autostunde von der Stadt entfernt, zu besuchen. Und das völlig zu Recht. Der Nationalpark wartet mit Tälern, uraltem Regenwald und gewaltigen Wasserfällen auf. Wer sich für eine Tour mit einem kleinen Touristenbus entscheidet, bekommt frei Haus alles wissenswerte und eine Prise australischen Humor geliefert. Die gelernte Krankenschwester Rae Clinch macht seit acht Jahren Rundfahrten durch die Blue Mountains. Sie hat schottische Vorfahren, ist stolz, Australierin zu sein, wohnt hier und kennt sich gut aus.

Der Featherdale Tierpark zeigt vorwiegend einheimische Fauna
Ortskundige Reiseführerin und Busfahrerin Rae Clinch

Der Featherdale Tierpark zeigt vorwiegend einheimische Fauna

Ortskundige Reiseführerin und Busfahrerin Rae Clinch

Wallabys

Wallabys

Erste Station ist der Featherdale Wildlife Park in einem Vorort von Sydney. Der Tierpark zeigt vor allem Tiere der australischen Fauna in ihrem natürlichen Lebensraum, in sehr weiträumigen und großzügigen Anlagen. Er beherbergt mehr als 2000 Tiere, von kleinen Goanna-Eidechsen bis zum Riesen Salzwasser-Krokodil, vom kleinsten Pinguin der Welt, dem Blauen Zwergpinguin bis zum Roten Riesen-Känguru. Und es gibt auch einige, wo Anfassen und Füttern erlaubt ist, zum Beispiel die zu klein geratenen Kängurus, die sich Wallabys nennen. Das ist allerdings nicht zu empfehlen bei der anerkanntermaßen giftigsten Schlange der Welt, dem Taipan.

Koala
Blaue Zwergpinguine
Taipan

Koala

Blaue Zwergpinguine

Taipan

Wir fahren nach weiter nach Katoomba. Die Kleinstadt ist das touristische und kulturelle Zentrum der Blue Mountains. Von zahlreichen Aussichtpunkten hat man einen fantastischen Blick weit in den Nationalpark hinein. Eine der markantesten Felsformationen sind die „Drei Schwestern“, die nach der Legende von ihrem zauberkundigen Vater in drei Steine verwandelt wurden, um sie vor einem Ungeheuer zu schützen. Allerdings musste sich der Vater auch vor dem Ungeheuer in Sicherheit bringen und verlor dabei seinen Zauberstab. Die drei Schwestern warten noch heute darauf, dass er diesen wiederfindet und sie zurückverwandelt.

Markante Felsformation der drei Schwestern

Markante Felsformation der drei Schwestern

Bis 1930 wurde hier Kohle gefördert und dafür eine Standseilbahn gebaut, die 200 Meter tief bis hinunter auf den Boden des Jamison Valley führt. Sie ist mit 52 Grad Neigung der steilste Schrägaufzug der Welt. Heute transportiert die Standseilbahn die Touristen ins Tal, die dann an den ehemaligen Bergwerksschächten vorbei durch den Regenwald bis zu einer 2,4 Kilometer entfernten Luft-Seilbahn spazieren können, um dann mir dieser wieder nach oben befördert zu werden.

Die dicht bewaldeten Canyons der Blue Mountains

Die dicht bewaldeten Canyons der Blue Mountains

Spaziergang durch den Regenwald im Jamison Valley

Spaziergang durch den Regenwald im Jamison Valley

Der Name „Blue Mountains“ hat seinen Ursprung in einem feinen Nebel, der sich bei Hitze aus dem Öl von Eukalyptusbäumen bildet und sich als blauer Dunst über die Berge legt, erklärt Rae. Es habe lange gedauert, fast einhundert Jahre, ehe es den ersten Siedlern gelang, das mit unzähligen Schluchten zerklüftete Gebiet zu durchqueren. „Sie hätten nur die Ureinwohner fragen brauchen, dann wäre es schneller gegangen“, kommentiert Rae lakonisch die historischen Ereignisse. Rae hat auch ohne langes Zögern einen Tipp für Reisende, die das erste Mal nach Australien kommen. „Natürlich die schönste Stadt des Landes Sydney besuchen und dann das Great Barrier Reef, das älteste, größte und bekannteste Riff auf der Welt.“ So ist auch der Reiseplan.

Blick von Manley nach Sydney

Blick von Manley nach Sydney

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