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Ronald Keusch

Krapfenhatscher auf der Alm

Der Urlaubsort Filzmoos ist ein Etappenziel auf dem Salzburger Almen-Weg




Ein Strauß blauer Enzian zum Empfang auf der Sulzenalm
Ein Strauß blauer Enzian zum Empfang auf der Sulzenalm

An diesem Septembermorgen hängen immer noch Regenwolken über dem kleinen Feriendorf Filzmoos mit seinen 1450 Einwohnern. Die Hausberge Dachstein und Bischofsmütze verstecken sich in einem Dunstschleier. Dennoch haben sich am Treffpunkt für geführte Wanderungen am Tourismusbüro des Ortes zirka 40 Urlauber eingefunden.



Bergwanderführer Coen Weesjes in Filzmoos Wandern mit Bergführer

Der wandernde Holländer


Bergwanderführer Coen Weesjes hebt die Hand als Startsignal und die Gruppe setzt sich in Bewegung in Richtung Sulzenalm. Der gebürtige Holländer Coen ist schon seit fünf Jahren hauptamtlich in diesem Job. Zusammen mit einem Kollegen kann er sich über mangelnde Beschäftigung nicht beklagen. „Wir spüren das ganz deutlich. Das Wandern ist wieder mehr angesagt“, meint der 34jährige wandernde Holländer, den die Einheimischen alle nur mit Coen anreden. Einen Grund für die wachsende Wanderlust sieht er darin, dass das Arbeitsleben hektischer geworden sei. „Die Gäste wollen bei uns zur Ruhe kommen und sie werden wieder jünger.“


Die Wallehenhütte auf der Sulzenalm
Die Wallehenhütte auf der Sulzenalm

Besonders gefragt von den Urlaubern sind thematische Wanderungen. Seit der letzten Saison steht eine Sinneserkundungs-Wanderung auf dem Programm, bei der der Bergführer seinen Gästen verschiedene Kräuter, Blumen und Bäume näherbringt. „Eine Fichte riecht anders als eine Lärche und das Kohlröschen, eine Orchideenart, riecht nach Vanille“, so Coen. Weitere geführte Wanderungen führen zur besten Aussicht auf den Sonnenuntergang oder zu einer Vielfalt von Alpenblumen.



Der Wanderbus für Touristen


Auf eine weitere Neuerung ist das Urlauberdorf besonders stolz. Filzmoos gehört zu den wenigen Wanderregionen, die sich einen eigenen Wanderbus leisten. Der Bus überbrückt bei unterschiedlichen Routen die meist längere Rückwege und wird gern von Familien mit Kindern und älteren Wanderern benutzt. „Wir haben ganz klein angefangen, getragen von noch wenigen engagierten Hoteliers“, erzählt Eva Salchegger, Tourismus-Chefin von Filzmoos. „Heute nutzen mehr als die Hälfte der geführten Wanderungen diese Busse. Möglicherweise werden wir sogar in der nächsten Saison einen zweiten Wanderbus einsetzen.“ Übrigens sind Kriterien für Wanderspezialhotels im Ort, dass zwei bis vier geführte Wanderungen kostenlos sind. Die Benutzung des Wanderbusses ist für alle gratis.



Das Bergmassiv der Bischofsmütze (Mitte) soll der Legende nach Kraft ausstrahlen
Das Bergmassiv der Bischofsmütze (Mitte) soll der Legende nach Kraft ausstrahlen

Die Wege zu den Almen


Weite Wanderwege beispielsweise über die Alpen gab es schon sehr lange. Aber das große Interesse an Fernwanderwegen löste in jüngster Zeit der Jacobsweg aus. Für eine zunehmende Zahl von Urlaubern ist es „in“, mehrere Tage oder eine Woche auf einer Route zu wandern. So wurde vor zwei Jahren der Salzburger Almenweg konzipiert. Das Salzburger Land als almenreichstes Bundesland Österreichs ist dafür besonders geeignet. Insgesamt 550 der insgesamt mehr als 1800 Almen sind für Wanderer geöffnet. Drei der insgesamt 31 Etappen berühren auch Filzmoos, das recht nah an den Bergen liegt und in seiner näheren Umgebung zwölf bewirtschaftete Almen zu bieten hat.


Der Hammerhof in Filzmoos
Der Hammerhof in Filzmoos

Bar mit originellem Namen „kenn i di“


Mehr als 400 Jahre hat der Hammerhof in Filzmoos auf dem Buckel. Vor 100 Jahren kamen die ersten Urlauber in die kleine Frühstückspension und heute ist der Bauernhof mit Kühen, Kälbern und Pferden eines der bekannten Wander-Spezialhotels. Seit zwei Jahren werden den Gästen vier geführte Wanderungen kostenlos angeboten inklusive der Nutzung des Wanderbusses. „Wir stellen die gesunde Lebensweise und das Wohlfühlen für unsere Urlauber in den Mittelpunkt“, sagt Hotelchef Matthias Ebner.


Hotelier Matthias Ebner Auf dem Salzburger Almenweg

„Und zum Aktivurlaub gehört auch gesunde Ernährung.“ Er kann sich noch genau daran erinnern, wie er vor einigen Jahren beim Frühstücks-Büffet eine kleine Bio-Ecke eingerichtet hat. Seit zwei Jahren kommen nahezu alle landwirtschaftlichen Produkte aus ökologischem Anbau. Zur gesunden Lebensweise, so die Hoteliers Ebner, gehört auch ein zünftiges Feiern. Und so lädt nur 500 Meter vom Bio-Gesundheitshotel entfernt eine von ihnen rustikal eingerichtete Bar zum Umtrunk ein mit dem originellen Namen „kenn i di“.



Eine Spezialität von Sennerin Brigitte auf der Sulzkar-Alm ist ihr Radstädter Käse
Eine Spezialität von Sennerin Brigitte auf der Sulzkar-Alm ist ihr Radstädter Käse

Alle wollen den Käse probieren


„Auf da Oim do gibt’s koa Sünd…“ lautet einer der Sprüche, die in manchen Almenhütten aushängen. Aber dafür ist die Sennerin wieder auf die Alm zurückgekehrt. Brigitte Ebner hat aus der Sulzkar-Alm einen Wallfahrtsort für Feinschmecker gemacht. Für drei Monate im Sommer tauscht sie ihren Arbeitsplatz in einem Sportgeschäft mit der Almhütte. Hier stehen neun Kühe zum Melken. Und mit der Milch stellt sie im Gasherd der Hütte nach alten Rezepten ihrer Oma Gertraut sechs Käsesorten her. Viele wandern nur wegen dem Käse zur Alm und alle wollen das Ursprüngliche und bekommen es: den Radstädter Käse, den Süß- und Frischkäse, Topfenbällchen, Schlüssel- und Knoblauchkäse. Allerdings nur, solange der Vorrat reicht. Bei schönem Wetter wird er dann auf der Alm-Wiese verspeist und bei guter Sicht kann man von hier die Spitze vom Großglockner entdecken, dem höchsten Berg Österreichs.


Auf dem Weg zur Sulzenalm
Auf dem Weg zur Sulzenalm

Hatscher steht für langen Fußmarsch


Nach zweieinhalb Stunden hat Bergwanderführer Coen mit seiner Urlaubergruppe die Sulzenalm erreicht. Der Aufstieg war moderat, allerdings mussten 500 Höhenmeter überwunden werden, Schweiß floss in Strömen. Als Belohnung erwartet die Wanderer hier oben auf der Alm eine Spezialität: frisch gebackener Krapfen gefüllt mit fruchtiger Marmelade. Der in Filzmoos eingebürgerte Holländer Coen versucht sich mit einer Erklärung des Begriffs „Krapfenhatscher“. In Salzburger Mundart stehe „hatscher“ für langen mühseligen Fußmarsch. Mittlerweile scheint die Sonne auf die Alm. Die Wandergruppe hat es sich an den langen Holztischen bequem gemacht und verspeist mit Genuss die Krapfen. Und vielen scheint ins Gesicht geschrieben: Das ist ein perfekter Wanderurlaubstag.



Almwirtschaft auf der Sulzenalm
Almwirtschaft auf der Sulzenalm

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