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Ronald Keusch

Kurbetrieb und Wintersport in den Hohen Tauern

Bad Gastein im Salzburger Land bietet Heilkuren, Wellness, Schneeschuhwandern und Eisklettern




Bachlauf im tief verschneiten Angertal


Zur Kur in den Heilstollen


Bad Gastein hat immer noch den klangvollen Namen, den sich der kleine Ort mit seinen knapp 5.000 Einwohnern im Salzburger Land in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erworben hat - so meinen viele seiner heutigen Bewohner. Auf jeden Fall ist sein großer Schatz, der bereits im Mittelalter bekannt war, auch noch heute magisch anziehend – die insgesamt 18 Thermalquellen. Damals logierten direkt an der Hauptquelle, benannt nach der Kaiserin Elisabeth, rund um den berühmten Wasserfall, die Schönen und Reichen aus dem Hochadel.

Das Grand Hotel de l`Europe im Zentrum von Bad Gastein
Das Grand Hotel de l`Europe im Zentrum von Bad Gastein

Hier an den Steilhängen wurden Platz sparend mit vielen Stockwerken einige berühmte Häuser gebaut wie das Grand Hotel de l`Europe mit seinen zehn Etagen. Das Luxushotel ist kürzlich 100 Jahre alt geworden. Es steht heute unter Denkmalschutz und sein Erdgeschoss wird noch als Casino genutzt. Der Besucher ist umzingelt von Traditionen. Das Hotel Straubinger war 28 Generationen lang im Familienbesitz, jetzt steht es leer und wartet auf einen Investor. Im Badeschloss wohnte der deutsche Kaiser Wilhelm I. während seiner Kuraufenthalte. Ihm zu Ehren wurde sogar ein Rundweg zur Kaiserpromenade erhoben, an dem Gendarmen darüber wachten, dass kein „niederes Volk in Arbeitstracht“ einen Fuß daraufsetzte. Der Name der Promenade, auf der jetzt die Kurgäste flanieren, ist noch erhalten geblieben.

Das Tor zum Tourismus im Gasteinertal wurde endgültig durch den Bau der Tauernbahn 1905 geöffnet. Für die Region Berlin Brandenburg fliegt Air Berlin nonstop täglich von und nach Salzburg. Bequemer geht es kaum.


Der berühmte Wasserfall von Bad Gastein mit einer Fallhöhe von 200 Metern
Der berühmte Wasserfall von Bad Gastein mit einer Fallhöhe von 200 Metern


Elisabeth ist 48 Grad Celsius heiß


Ist der Besucher mit einem Stadtführer unterwegs, wie mit dem pensionierten Lehrer Joseph Angerer, hat er die Chance, einen Blick in eines der Heiligtümer von Bad Gastein zu werfen, die Quellstube auf dem Hauptplatz von Bad Gastein. In einem engen niedrigen und durch Thermalwasser gut geheizten Schacht kommt man nach wenigen Metern zu einem der Austritte der Quelle und kann mit der Hand die Wärme des warmen Wassers mit einer Temperatur von über 40 Grad Celsius testen.

„Die Hauptquelle Elisabeth führt mit 48 Grad Celsius das heißeste Wasser und fördert davon zwei Millionen Liter, alle anderen Quellen zusammen insgesamt fünf Millionen Liter täglich. In 2000 Metern Tiefe wird zuerst Dampf und dann das Wasser an die Oberfläche gedrückt“, unterrichtet Joseph Angerer. Das Wasser sei vor 2000 Jahren eingesickert und durch Mineralstoffe angereichert. Aber die Heilwirkung komme nicht von den Mineralstoffen, sondern vom Radium und seinem Zerfallsprodukt, dem Edelgas Radon.


Fremdenführer Joseph Angerer vor der Quellstube Ein Tropfen Thermalwasser ist das Maskottchen im Gasteinertal

Und als Beleg für die hohe gesundheitliche Wirkung der Heilquellen hat der Stadtführer eine eindrucksvolle Zahl parat. In Bad Gastein leben doppelt so viele über 90jährige wie in der Hauptstadt Wien, insgesamt machen sie 1,7 Prozent der Bevölkerung aus. Außerdem zeigt der in Bad Gastein gebürtige Joseph Angerer in eigener Person, wie fit man im Kurort bleiben kann. Beim Rundgang durch den Ort bewältigt er die etwa 80 Höhenmeter mit seinen 75 Jahren spielend.



Tauerngold im Heilstollen


Die intensive Suche nach Gold hat bekanntlich manchen positiven Nebeneffekt. So wurde das Meißner Porzellan erfunden und in Australien ein ganzer Kontinent erschlossen. Als im Jahr 1940 beginnend polnische und französische Fremdarbeiter neue Stollen in den Ankogel im Gasteinertal trieben, fanden sie zwar keine Edelmetalle, aber in bestimmten Teilen des Berges hohe Gesteinstemperaturen bis 44 Grad Celsius und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Viele Arbeiter verloren durch ihren Aufenthalt im Stollenbetrieb ihre rheumatischen Beschwerden, es heilten bei ihnen entzündete Gelenke, Asthma bronchiale und Hauterkrankungen. Sie hatten ein anderes „Tauerngold“ gefunden, das Heilung und Gesundheit bringt. Hohe Wärme, Luftfeuchtigkeit und Radongehalt versprachen einen Heilwert, der dem von Badekuren gleichkam und bei einigen Krankheiten den Wert modernster Behandlungen noch übertraf. Wissenschaftliche Gutachten bestätigten das Phänomen des heilenden Berges.


Die Gasteiner Heilstollen befinden sich mitten im Berg Foto: Gasteiner Heilstollen
Die Gasteiner Heilstollen befinden sich mitten im Berg

Seitdem fahren nicht mehr Bergarbeiter, sondern Patienten mit einer kleinen Grubenbahn in die Stollen. „Unsere thermale Heilstollen-Therapie ist einmalig. Sie hat viele Jahrzehnte Tradition“, wertet Geschäftsführer Christoph Koestinger. „Aber wir entwickeln unser Konzept auch im Rahmen physikalischer Therapien weiter beispielsweise bei Patienten mit Rückenschmerzen ergänzen wir die Kur in unseren Heilstollen auch mit therapeutischem Klettern oder Nordic Walking.“ Vor der ersten Einfahrt in die Heilstollen mit verschiedenen Temperaturen steht die Untersuchung durch einen Arzt. Eine hohe Erfolgsrate über 80 bis 90 Prozent soll es bei bestimmten Krankheitsbildern und bei dreiwöchigen Kuren geben, bei der der Patient zirka zehn bis zwölf Mal in die „Stollen-Sauna“ im Berg einfährt. Bei chronischen Schmerzen und entzündlich-rheumatischen Erkrankungen insbesondere Morbus Bechterew ist die Linderung und Heilung recht viel versprechend. Fast zwei Drittel der Touristen und Kurpatienten im Gasteinertal kommen aus Deutschland. Da sich im Unterschied zu früheren Jahren deutsche Krankenkassen immer mehr zurückhalten, ist die ausschließlich privat finanzierte 21-Tage-Kur (zehn Einfahrten und Massagen sowie sieben Bewegungsbäder für 835 Euro) leider nur wieder etwas für die gut Betuchten. Allerdings, so ist von Einheimischen hinter vorgehaltener Hand zu erfahren, gibt es auch den Radon-Heileffekt für die kleine Geldbörse. Ein wiederholter Aufenthalt von mindestens dreißig Minuten unmittelbar am berühmten Wasserfall soll auch wirken. Allerdings eher ein Tipp für Frühjahr, Sommer und Herbst, wo pro Sekunde 4000 Liter vom heilenden Wasser aus dem Berg herunterfallen.



Das neu eröffnete 4-Sterne Hotel Astoria in Bad Hofgastein mit eigenem Thermalbad
Das neu eröffnete 4-Sterne Hotel Astoria in Bad Hofgastein mit eigenem Thermalbad

Relaxen im hoteleigenen Thermalbad


Das Gasteinertal kann sich wohl auch deshalb mit dem Titel Tal der Gesundheit schmücken, weil nicht allein am Berg, sondern in vielen Hotels, das auf unter 40 Grad herunter gekühlte Thermalwasser in den Wellness-Bereichen sprudelt. So auch in dem im Dezember 2009 neu eröffneten vier Sterne Hotel Astoria mit Therme und SPA im Nachbarort Bad Hofgastein. In dem 1928 gebauten Haus setzt die neue Eigentümerfamilie Rainer beherzt auf Tradition und hat einen ihrer Restaurant-Räume als ein original Wiener Cafe wieder erstehen lassen, mit dem passenden Mobiliar und natürlich Blattgold an den Wänden. Ihr großer Stolz ist das hoteleigene 1200 Quadratmeter große Thermalhallenbad – natürlich mit der Wärme und Heilkraft des Thermalwassers. Als Kontrastprogramm setzt die rührige Hotelchefin Karin Rainer auf Live-Musik. Außerdem eröffnete sie ein neues Lokal, gestaltet in der Form eines abgeschnittenen Fasses mit direkter Verbindung zum Hotel und Tanzbar. Wellness-Urlaube am Abend müssen nicht langweilig sein. Eine Ski-Alpin-Wellnesswoche mit Skipass und vielen Extras kostet ab 791 Euro p.P.



Der Gamskarkopf in der Vormittagssonne
Der Gamskarkopf in der Vormittagssonne

Schneeschuh-Wandern zu den Eiskristallen


Schon längst ist zur Wintersaison der Pistenspaß und Hüttenzauber nicht mehr allein den Ski- und Snowboardfahrern vorbehalten. Es gibt die Schlittenfahrer, die eine Rodelpartie unternehmen, seit neuestem einige wagemutige Eiskletterer, die an gefrorenen kleinen Wasserfällen hochsteigen, und es gibt den Wanderer, der in seinen Wanderstiefeln auf den wenigen recht fest planierten Schneewanderwegen meist neben den Loipen der Skifahrer unterwegs ist. Seit einigen Jahren ist nun ein weiterer Wintersport zu beobachten, der immer mehr Zulauf bekommt – das Schneeschuh-Wandern.


Nationalpark-Ranger Johann Naglmayr bei einer geführten Schneeschuh-Wanderung
Nationalpark-Ranger Johann Naglmayr bei einer geführten Schneeschuh-Wanderung

Schneeschuhe liegen im Trend


„Jede Woche bin ich drei bis vier Stunden mit etwa 25 Urlaubern auf Schneeschuhen unterwegs, das Interesse ist groß“, erzählt Johann Naglmayr. Er ist der National-Park-Ranger für das 28 Kilometer lange Gasteinertal, das längste Tauerntal im Nationalpark Hohe Tauern. „Vor zehn Jahren reichte es aus, zehn Schneeschuhe zum Verleihen in der Kurgemeinde vorrätig zu haben, jetzt haben wir 45 Stück angeschafft. Auch viele Hotels leihen bereits seit einigen Jahren auch Schneeschuhe aus“, so lautet seine Bilanz.

Wir fahren mit einem Jeep bis zum knapp 1600 Meter hoch gelegenen Sportgastein und stapfen, vorbei an Skifahrern, mit den Schneeschuhen los. Die neue Generation der Schneeschuhe hat moderne Bindungen, in die jeder Winterschuh passt, ist wesentlich breiter und dafür kürzer als ein Ski und unter der „Sohle“ der Schneeschuhe sind eine Reihe von Spikes verankert, die das Laufen auf vereisten Flächen erleichtern. Nur ein paar hundert Meter sind zurückgelegt und schon hat man den Tourismus-Rummel und die Hektik hinter sich.


Verschneite Wege laden zu einer Wanderung mit Schneeschuhen ein
Verschneite Wege laden zu einer Wanderung mit Schneeschuhen ein


Im Wohnzimmer der Wildtiere unterwegs


Vor sich hat der Schneeschuh-Wanderer mit frischem Schnee gezuckerte Bäume. Er kann sich recht leise bewegen, hat ein offenes Auge für die vielen Eiskristalle, die in der Luft stehen und in der Sonne strahlen - so wird die Natur intensiver erlebt. Bis zur Waldgrenze kann der Besucher das Schneeschuhwandern auch allein genießen, oberhalb der Waldgrenze muss man wegen Lawinengefahr und verschneiten Bachläufen schon sehr aufpassen und sollte sich einer Gruppe mit Wanderführer anschließen.

Johann Naglmayr zeigt eine Fuchsspur im Schnee
Johann Naglmayr zeigt eine Fuchsspur im Schnee

„Natürlich wollen die Schneeschuhwanderer auch von ihrem Wanderführer viel erfahren“, erzählt Naglmayer. Da sind sie bei ihm an der richtigen Adresse. Geboren im Gasteinertal und ständig hier lebend ist er auf das engste mit der Natur verbunden. Der 55jährige Bergführer trägt standesgemäß einen nun schon grauen Bart, „weil er etwas gegen den kalten Wind im Winter schützt“. Immer wieder sind im Schnee Spuren von Tieren zu entdecken. Da ist die Spur von einem Fuchs und dort Fährten von Rehen auf der Flucht. Naglmayer erkennt auch an den Spuren, ob das Tier alt oder jung, männlich oder weiblich ist. Wieder unterwegs ist ein ganz hohes Quietschen zu hören. Der Nationalpark-Ranger weiß sofort, dass es sich um die Angstschreie einer Maus handelt. Ein weißes Hermelin fängt und erlegt eine graue Waldmaus. „Ein packendes Schauspiel und vergleichbar mit der Serengeti, wo ein Löwe eine Gazelle erlegt. Die Natur soll für die Touristen schön und spannend sein“, so Naglmayer. „Wenn ich mit den Leuten unterwegs bin, will ich ihnen auch mitgeben, dass wir im Wohnzimmer der Wildtiere unterwegs sind und darauf Rücksicht zu nehmen haben.“


Apres-Ski in der Skihütte Hirschen-Hüttn im Angertal Kleine gefrorene Wasserfälle als Herausforderung für Eiskletterer


Die Natur muss geschont werden


Im Sommer findet der Besucher im Gasteinertal 350 Kilometer markierte Wanderwege und vierzig bewirtschaftete Almhütten. Einige von den Hütten haben auch im Winter geöffnet, vor allem in der Nähe der Skilifte. Auch für den Schneeschuhwanderer bestehen genügend Möglichkeiten zur Rast bei Glühwein und einer deftigen Knödelsuppe mit Speck. Für den Bergführer Johann Naglmayer sind Klimawandel und Naturschutz ein großes Thema. Die Baumgrenze steigt weiter an, Fichten und Lärchen sind jetzt einhundert Meter höher in den Bergen zu finden, hochalpine Pflanzenarten wie Alpenrose und Enzian ebenso. „Besorgniserregend ist die Gletscherschmelze bei uns im Gasteinertal. Schließlich sorgen auch die Gletscher für unseren Wasserhaushalt“, sagt Naglmayer. Deshalb vertritt er auch vehement einen sanften Tourismus.


Husky-Hunde und Pferde warten auf Kundschaft und mehr Schnee

Dazu gehörten nach seiner Meinung das Bewahren und Verbessern der vorhandenen Winteranlagen. Insgesamt 250 Kilometer Abfahrtsstrecken für Skifahrer und 50 Ski-Lifte seien genug, die Natur bedürfe der Schonung. Winter wie Sommer sollten, so Naglmayer, die Touristenströme in der Natur mehr kanalisiert werden, beispielsweise durch geführte Wanderungen. Von Juni bis September überquert er einmal in der Woche mit Touristen in einer sieben Stunden Wanderung die Alpen.



Die Alpentherme in Bad Hofgastein lockt mit Saunen und Bädern Foto: Alpentherme
Die Alpentherme in Bad Hofgastein lockt mit Saunen und Bädern

Erst Ski fahren dann abtauchen


Für den zünftigen Ausklang eines Wintersporttages im Gasteinertal sorgt die Alpentherme Gastein, ganz nah an der Bergbahn mit verlängerten Öffnungszeiten für Skifahrer bis 23 Uhr. Die erst vor fünf Jahren neu eröffnete Therme wirbt damit, dass sie die größte und modernste Anlage im Alpenraum sei. Sie bietet insgesamt sechs Erlebniswelten, wobei der großzügig gestaltete Saunabereich das eigentliche Erlebnis darstellt. Hier gibt es zehn Saunakammern und zwei Thermalbecken mit warmem und heißem Wasser. Außerdem existiert ein bequemer Zugang zu weiteren Thermal- und Schwimmbecken, die mit Badebekleidung genutzt werden können. Wohl einmalig sind Spezialaufgüsse, bei denen während des Aufgusses Getränke und sogar das alkoholfreie Bier „Schlossgold“ gereicht wird.



Wandern im verschneiten Angertal
Wandern im verschneiten Angertal


Mehr Erlebnisse mit GasteinCard


Der Tourismusverband im Gasteinertal hat für die diesjährige Wintersaison auch etwas Neues zu bieten. „Wie schon im vergangenen Sommer erprobt, bieten wir erstmalig allen unseren Gästen auch im Winter die GasteinCard an“, sagt Agnes Reinthaler vom Gastein Tourismus. Mit dieser Karte können alle in einer kleinen handlichen Broschüre aufgelisteten Dienstleistungen vergünstigt oder gratis in Anspruch genommen werden. „Damit erhält der Urlauber viele Angebote zu reduzierten Preisen. „Und das tolle daran ist“, so Reinthaler, „dass der Urlauber die GasteinCard von seinem Gastgeber kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt.“ Und dieses Angebot gilt auch für das Schneeschuhwandern im Angertal mit dem Nation Park Ranger Naglmayer.


Winter im Gasteinertal
Winter im Gasteinertal

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