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Ronald Keusch

Der Park ist der Star

Zeitreise durch 400 Jahre Gartenkunst in Sachsen-Anhalt



Schloss Hundisburg mit seinem Barockgarten
Schloss Hundisburg mit seinem Barockgarten


„Zum schönsten Erlebnis des Gärtners gehört die Erfahrung, dass Pflanzen und Gartenfreude in so hohem Maße Menschen verbindend wirken, ja Menschen aus Stummheiten gegeneinander löst.“

Karl Foerster, berühmter Staudenzüchter und Gartenphilosoph




Gartenträume in Sachsen-Anhalt


Im Vergleich und Wettbewerb mit anderen Bundesländern in Deutschland ist es für Sachsen-Anhalt recht schwer, mit Top-Sehenswürdigkeiten zu punkten. Aber auf einer Position haben die Sachsen-Anhaltiner eine Spitzenposition erreicht. In ihrem Landesgebiet gibt es insgesamt vier Mal ein UNESCO-Welterbe. Darunter zählt auch das deutschlandweit bekannte Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit dem Wörlitzer Park. Aber die Landschaft an Elbe, Saale und Unstrut besitzt noch mehr Reichtümer an kulturellem Naturerbe.


Seit dem Jahr 2000 besteht das Netzwerk „Gartenträume - historische Parks in Sachsen-Anhalt“, das derzeit 43 der bedeutendsten und schönsten historischen Parkanlagen im Bundesland umfasst. „Das Projekt repräsentiert mit seiner Auswahl 400 Jahre europäische Gartenkunst - von Barock über Landschaftsparks bis hin zum modernen Land-Art-Park des 21. Jahrhunderts“, sagt Felicitas Remmert, Leiterin der Geschäftsstelle „Gartenträume“ in Magdeburg. „In diesem Jahr hat das Netzwerk Zuwachs bekommen, darunter Aschersleben und sieben weitere Anlagen.“



Aschersleben ist deutlich grüner


Die Landesgartenschau 2010 in Aschersleben hat das Gesicht der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts verändert. Rührige Kommunalpolitiker entdeckten die Schätze ihrer alten Askanier Stadt und verspürten zur Landesgartenschau etwas finanziellen Rückenwind. „Unsere Stadt ist deutlich grüner geworden und ein grüner Promenadenring umschließt den historischen Stadtkern“, freut sich Jürgen Herzog, als Geschäftsführer der landeseigenen GmbH für Grünflächen verantwortlich.


Die Herrenbreite in Aschersleben Der historische Stadtpark auf dem Gottesacker

Da existiert seit 500 Jahren die so genannte Herrenbreite, die ausgebaut wurde. Es ist ein parkähnlicher Platz, in der Mitte ein Brunnen mit Wasserfontänen sowie einem Goldfischteich und einer kleinen Weltzeituhr. Inmitten des Parks liegt eine riesige Weltkugel, die an den barocken Gelehrten Adam Olearius erinnert. Er hatte in der Historie bei der Gartengestaltung genauso mitgewirkt wie im 19. Jahrhundert verschiedene Schüler von Lenné.

Weiterhin ist hier der historische Stadtpark mit hohen Bäumen zu finden, der Anfang des 19. Jahrhunderts als Friedhofspark angelegt wurde und wo noch heute alte Grabplatten liegen.


Rosarium in Aschersleben
Rosarium in Aschersleben

Daran schließen sich ein Rosarium und die Eineterrassen an.

Nicht weit entfernt liegt der Bestehornpark, der bis zur Landesgartenschau nur als eine Industriebrache existierte. Mittlerweile besteht die Aussicht, dass die Stadt als überregionaler Ort der Kunst wahrgenommen wird. Der auch international bekannte Maler Neo Rauch wuchs bei seinen Großeltern in Ascherleben auf und wird hier im Bestehornpark in einer neuen Kunsthalle eine ständige Ausstellung seines grafischen Werkes zeigen. „Die Einwohner von Aschersleben sind wieder stolz auf ihre Stadt“, stellt Jürgen Herzog fest. Das zeigt sich auch daran, dass die Stadt sich nicht mehr ausschließlich als Tor zum Harz, sondern als attraktiver Touristenort im Vorland des Harzes empfindet. Das belegen auch neu im Juli 2011 aufgelegte Urlaubs-Arrangements von der Touristinformation. Zwei Übernachtungen im Hotel Park-Residenz mit Candle-Light-Dinner, Massagen und Führungen durch „Parks der Gartenträume sind für 319 Euro zu haben.


Das Rondell - restaurierter Festungsturm in Ascherleben
Das Rondell - restaurierter Festungsturm in Ascherleben


Landschaftspark mit Obelisken


Teich und Obelisk im Landschaftspark Degenershausen
Teich und Obelisk im Landschaftspark Degenershausen

Ein neues Mitglied des Netzwerkes „Gartenträume“ ist seit letztem Jahr auch der Landschaftspark Degenershausen. Er liegt abseits der großen Straßen in der Nähe der Gemeinde Wieserode bei der Stadt Falkenstein im Landschaftsschutzgebiet des Harzes. Ursprünglich Anfang des 19. Jahrhunderts als Gutspark angelegt, wurde im Jahr 1924 auf einer Fläche von zwölf Hektar einen Landschaftspark im englischen Stil errichtet. Geprägt wird der Park durch einen weißen 15 Meter hohen Obelisken und durch eine Reihe von Solitärbäumen, die als einzelnstehende Bäume teilweise in Sichtachsen gepflanzt sind. Ein Förderverein zur Erhaltung des Landschaftsparks sorgt mit Gärtnern für den Erhalt der mehr als 100 Bäume und Gehölze. Zum Träumen laden ein großes Sortiment und die Farbenpracht von großen Blumenwiesen ein.


Blumenfeld in Degenershausen Der Staudengarten

Eine Attraktion ist für die Besucher der im Jahr 1999 wieder neu angelegte Staudengarten, der bereits vor 80 Jahren existierte. Seine typische Form erhält der Garten durch ein rundes Kräuterbeet in seiner Mitte und durch strahlenförmig angelegte Wege. Ein Pavillon im Garten lädt zum stillen Betrachten ein – und zum Träumen.



Märchenschloss mit weiträumigem Park


Die Wasserachse auf der Roseburg
Die Wasserachse auf der Roseburg

Spaziert der Besucher durch die westlich von Ballenstedt gelegene Roseburg, merkt er schnell, dass er sich in einem kleinen Märchenschloss befindet. Im Jahr 1907 begann der exzentrische Berliner Theaterarchitekt Bernhard Sehring mit dem Bau der Roseburg und seines Alterssitzes. Hier verwirklichte er seine Idealvorstellung von Architektur und Gartenkunst mit englischen, italienischen und barocken Stilelementen.

Der Wohnturm des Märchenschlosses
Der Wohnturm des Märchenschlosses

Durchgängig findet man die verspielte Gestaltung mit vielen Figuren, Balustraden und kleinen Zinnen, die Märchenschlösser der Gebrüder Grimm lassen grüßen. Ein zentrales Element des weiträumigen Parks ist die terrassenförmige Wasserachse. Manche verwitterte Steinfigur scheint ihre Funktion zu haben, um alles noch mehr ins romantisch-mystische Licht zu rücken. Seit dem Jahre 2005 hat das Märchenschloss neben einem engagierten Förderverein wieder einen privaten Eigentümer aus Berlin.


Der Unternehmer Rolf Illmer war von dem romantischen Torhaus, den steinernen Brücken und den edlen Bäumen in Park ganz angetan. In der Lokalpresse gesteht er, dass der Erwerb der Burg Liebe auf den ersten Blick war. Seit dem Frühjahr 2009 wurde der Park umfangreich saniert, die Florabrücke und die Wasserkaskaden wieder in Betrieb genommen, die Außenmauer repariert und Wege gestaltet Die denkmalsgerechte Rekonstruktion wurde von Fachleuten des Projekts „Gartenträume“ begleitet.


Wasserachse der Roseburg Romantisch-mystische Burganlage
Die Außenmauer des Märchenschlosses Foto: Förderverein Roseburg
Die Außenmauer des Märchenschlosses



Das größte Weinfass auf der Welt


Das Jagdschloss Spiegelsberge mit seinem Landschaftsberg über den Dächern des Städtchens Halberstadt gehört ebenfalls zu den „Gartenträumen“ von Sachsen-Anhalt.

Mitte des 18. Jahrhunderts erwarb Freiherr von Spiegel eine südlich von Halberstadt gelegene Hügelkette und begann mit der Aufforstung des Geländes.


Blick von den Spiegelsbergen auf Halberstadt
Blick von den Spiegelsbergen auf Halberstadt

Den Landschaftspark schmücken vielfältige Parkbauten, wie die Eremitage zur beschaulichen Besinnung, das Belvedere als Aussichtsturm und das Mausoleum. Auf dem Bergkamm wurde schließlich 1780 das Jagdschloss erbaut. Beeinflusst von den Ideen der bürgerlichen Aufklärung, die ihm durch Gleim und dessen Freunde nahegebracht wurden, öffnete Spiegel schon 1771 seinen Park für die Halberstädter Bevölkerung.



Das größte Weinfass mit Juniorchef Chris Schöne
Das größte Weinfass mit Juniorchef Chris Schöne

Doch hier in Spiegelsberge steht weder der schöne Landschaftspark noch das edle Restaurant mit Panoramablick auf Halberstadt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, sondern ein Weinfass im Wintergarten des Jagdschlosses.


„Es ist das älteste, größte und einzige noch original erhaltene Riesenweinfass der Welt“, sagt stolz der gebürtige Halberstädter Chris Schöne, der das Jagdschloss als Juniorchef in dritter Generation managt. „Vor einigen Jahren fand es auch endlich Einzug ins Guinness-Buch der Rekorde.“








Der Lieblingsplatz Hoffmann von Fallersleben


Dem Magdeburger Kaufmann Johann Gottlob Nathusius und seiner Liebe zu Pflanzen und Gärten ist der heutige Landschaftspark in Althaldensleben Hundisburg zu danken. Seine Familie erwarb 1810 das säkularisierte Kloster Althaldensleben und auch das Schloss Hundisburg. Zwischen diesen beiden Besitzungen entstand dann ein 100 Hektar großer Landschaftsgarten, der durch die Familie Nathusius im Laufe des 19. Jahrhunderts weiter ausgestaltet wurde. Die Parkanlage im Flusstal der Beber beheimatet 150 einheimische und internationale Baumarten. Sie ist nach dem Wörlitzer Park und dem Rothehorn der drittgrößte Landschaftspark dieser Art in Sachsen-Anhalt und ebenfalls heute Bestandteil des Netzwerks „Gartenträume“.


Landschaftspark Althaldensleben Hundisburg

Lieblingsplatz von Hoffmann von Fallersleben im Park

Die Familie Nathusius engagierte sich nicht nur als „Grüne“, sondern auch für kritische Zeitgenossen. So erhielt der liberale Professor Hoffmann von Fallersleben, von den Preußen aus der Uni in Breslau hinausgeworfen und ins Exil verbannt, hier in Althaldensleben eine Zuflucht. Bei seinem längeren Aufenthalt gab es auch einen Lieblingsplatz, der nun als Fallersleben-Platane ausgewiesen ist.


Der Landschaftspark wie auch das Schloss Hundisburg mit seinem Barockgarten standen in jüngster Zeit wieder unter einem glücklichen Stern. Nach teilweiser Zerstörung am Ende des zweiten Weltkriegs konnte seit 1991 das Schloss schrittweise instandgesetzt werden. Auch der Barockgarten wurde seit 1991 rekonstruiert und gilt heute als einer der ältesten klassisch-französischen Gärten in Deutschland. „Seit dem Jahr 1991 sind bisher 20 Millionen Euro vor allem in Schloss Hundisburg sowie Garten und Park geflossen“, sagt Dr. Harald Blanke, Leiter der Schloss- und Gartenverwaltung. „Jetzt haben wir im Schloss wieder einen Saal für kulturelle Veranstaltungen und für Hochzeiten und außerdem ein Restaurant mit guter Küche.“ Weil ein Förderverein und viele Beteiligte der Region einen langen Atem bewiesen, liegt hier an der Straße der Romanik wieder ein Ort der Gartenträume - die Hundisburg.


Schloss Hundisburg Foto: Kulturlandschaft Hundisburg Barockgarten von Schloss Hundisburg

Magdeburgs grüne Elbufer


Erstmals veranstaltete das Netzwerk „Gartenträume“ ein Festival im Elbauenpark. Unter dem Motto „Stars im Park. Alte Meister. Neue Helden“ traten Musiker der Magdeburger Philharmonie mit Klassik-Musik von Bach und Händel zusammen mit Popstars auf: den bekannten Musikgruppen REVOLVERHELD, PRINZEN und SILLY. Das Festival einer Zeitreise durch mehr als 300 Jahre Musikgeschichte moderierte der Schauspieler und Musiker Jan Josef Liefers. Zwischen den Auftritten der Prominenten, so lautete das Konzept, ist der Park der Star. „Eine erste Bilanz fiel recht erfolgreich aus. Zu unserem ersten Festival Gartenträume kamen 4.000 Zuschauer und die Stimmung war prima“, sagt die Leiterin der Geschäftsstelle „Gartenträume“ Felicitas Remmert.


Stadtansicht von Magdeburg
Stadtansicht von Magdeburg

Eine wesentliche Voraussetzung für die große Resonanz ist sicherlich bei dem ständigen Star, dem Elbauenpark selbst zu suchen, dem die „Aufhübschung“ anlässlich der 25. Bundesgartenschau im Jahr 1999 nachhaltig gutgetan hat. Heute präsentiert er sich selbstbewusst mit seiner Gartenarchitektur und -kunst als der Natur- und Freizeitpark für die ganze Familie.


Der Jahrtausendturm im Elbauenpark Foto IMG Sachsen-Anhalt
Der Jahrtausendturm im Elbauenpark



Die größte Attraktion ist der 60 Meter hohe hölzerne Jahrtausendturm mit seinen Ausstellungen zur Menschheitsgeschichte. Um dorthin zu gelangen, ist es schon kein Geheimtipp mehr für Touristen, einfach aufs Fahrrad zu steigen und in wenigen Minuten aus der Innenstadt Magdeburgs in sein grünes Umfeld zu radeln. In nur wenigen Minuten erreicht man vom Domplatz dann die ganzjährig geöffneten Gruson Gewächshäuser mit dem Goldkugelkaktus, auch als „Schwiegermutterstuhl“ bezeichnet, und dem Klosterbergegarten. Weiter geht die Fahrt durch den Stadtpark Rothehorn mit einigen schönen Blicken auf den Magdeburger Dom, entlang der Elbe zum Herrenkrugpark, um schließlich den Elbauenpark zu erreichen.






Radeln an der Elbe in Magdeburg Klosterbergegarten Foto: IMG Sachsen-Anhalt Goldkugelkakteen

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