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  • Ronald Keusch

Eine Region ist Kulturhauptstadt Europas

Im Jahr 2012 präsentieren das slowenische Maribor und fünf weitere Städte ihr kulturelles Leben




Der Hauptplatz von Maribor mit dem Rathaus
Der Hauptplatz von Maribor mit dem Rathaus

Die Weinberge von den Hügeln reichen bis an die Wohnhäuser heran, auf der gegenüber liegender Seite erhebt sich das Pohorje-Gebirge. Dazwischen fließt majestätisch die Drava – zu deutsch Drau, an der die Stadt Maribor, lang ausgestreckt, wunderbar gelegen ist. Schon immer ist diese Region, angrenzend an Kärnten und die Steiermark von Österreich, nicht ausschließlich nur eine Landschaft des Alpenraums zum Wandern, Ski fahren und Wein verkosten.



Das Schloss mit dem Regionalmuseum Kathedrale Johannes der Täufer Pestsäule auf dem Hauptplatz


Kultur soll Touristen anlocken


„Seit vielen Jahren haben wir ein sehr vielfältiges Kulturangebot, besonders in unserem Flößerviertel Lent an der Drava und in der Innenstadt“, erzählt die Tourismus-Chefin von Maribor Simona Pinteric.


Simona Pinteric: “Kultur lockt Touristen an.“
Simona Pinteric: “Kultur lockt Touristen an.“

„Unsere Gäste freuen sich über Theater, Oper, Ballett, Konzerte und ein Sommerfestival sowie natürlich vieles rund um den Wein. Nicht umsonst ist unsere Stadt mit ihrer Region das ganze nächste Jahr als Kulturhauptstadt Europas auserwählt worden.“ Für die Managerin Pinteric soll allerdings der Rückenwind für die Kultur nicht auf das Jahr 2012 beschränkt bleiben. „Auch in den folgenden Jahren wollen wir mit Kultur noch viel mehr Touristen anziehen“, so hofft sie.



Managerin Alenka Borec auf der Puppenbühne
Managerin Alenka Borec auf der Puppenbühne

Puppenbühne in einem Klosterbau


Die gesamte Altstadt von Maribor, eine große Fußgängerzone, lädt zu einem Spaziergang ein. Überall trifft man im Zentrum des hübschen Städtchens auf barockes Erbe. Hier in der slowenischen Steiermark sind die Wurzeln der Österreich-Ungarischen Monarchie nicht zu übersehen. Wie ernst Maribor auch in Zeiten weltweiter Finanzkrisen die Kultur nimmt, zeigt das 1974 gegründete Puppentheater der Stadt, das im vorigen Jahr sein neue Spielstätte bezog. In einem Teil eines ursprünglichen Minoritenklosters aus dem 12. Jahrhundert eingerichtet, sozusagen als ein Zeitfenster mit Arkaden, entstand mit dem Neubau eine der modernsten Puppenbühnen Europas.


Das moderne 2010 neu eröffnete Puppentheater Der Saal der Puppenbühne

„Wir haben zwei Bühnen, in einem Saal mit 180 und einem Außenbereich mit 600 Plätzen“, sagt die Projektkoordinatorin des Theaters Alenka Borec. „Wir bieten zwei Vorstellungen am Tag für Kinder aus Schulen und Kindergärten. Doch unsere Programme richten sich auch an Erwachsene.“ In kleinen Werkstätten werden für die jährlich fünf Programme in 400 Vorstellungen der Saison die etwa 30 Handpuppen selbst von Mitarbeitern des Puppentheaters gefertigt. Und natürlich sind sie schon intensiv dabei, das große Kulturjahr 2012 vorzubereiten.


Die Drava mit dem alten Wasserturm – heute eine Vinothek –
und der ehemaligen Flößeranlegestelle beim Flößerviertel Lent
Die Drava mit dem alten Wasserturm – heute eine Vinothek – und der ehemaligen Flößeranlegestelle beim Flößerviertel Lent

Unter den Plätzen der Altstadt befinden sich in fünf bis 12 Metern Tiefe historische Weinkeller. Sie erstrecken sich auf die kaum vorstellbare Fläche von 20.000 Quadratmetern, also zwei Hektar. Hier lagern insgesamt knapp sechs Millionen Liter Weine, vorwiegend Weißweine, allerdings nicht mehr in Fässern aus Holz, sondern aus Edelstahl. Im Flößerviertel Lent ist das Haus der Alten Rebe eingerichtet mit liebevoll gestalteten Ausstellungen rund um den Wein und einer Parade der wichtigsten Weinsorten der Region. Gleich neben dem Eingang wächst angeblich eine der ältesten Weinreben in Europa.



Kulturlandschaft mit Weinbergen um Maribor
Kulturlandschaft mit Weinbergen um Maribor

Stiftsweine mit Tradition


Die mehr als 800 Jahre alte Weinkultur ist im Nordosten von Maribor in Jarenina zu finden. Bereits im Jahr 1139 begannen die Benediktiner Mönche des Stiftes Admont mit der Herstellung von Weinen.


Der Schlossgutshof Jarenina mit dem Herrenhaus
Der Schlossgutshof Jarenina mit dem Herrenhaus

Diese Tradition wird im heutigen Slowenien in der neu gegründeten Gesellschaft DVERI Pax fortgeführt, die nach Wechseln des Eigentümers in der Geschichte wieder dem Stift Admont gehört. Der Schlossgutshof aus dem 16. Jahrhundert wurde 2007 renoviert und der Weinkeller erneuert. Auch hier wächst am Eingangstor eine alte Rebe, die es allerdings nur auf ein Alter von 200 Jahren bringt. Insgesamt wurden 68 Hektar Rebflächen neu angelegt und der Weinkeller mit neuester Technik ausgestattet. Das Weingut empfängt hier die Touristen zur Weinprobe ihrer mit vielen Preisen ausgezeichneten Weine. Es erwartet sie eine Vielfalt an Weißweinen, darunter der Sipon, eine Spezialität aus einer Furmint Rebsorte.


Die 200 Jahre alte Weinrebe wächst vor dem Weinkeller Der Weinkeller Jarenina



Weinkeller Doppler in der Höhe


Nur zehn Kilometer von Maribor entfernt, inmitten der Hügelkette von Slovence Gorice auf einer Anhöhe, in Kozjak nad Pesnico, versteckt sich der Weinkeller Doppler. In die Bergspitze ist ein Weinbetrieb mit hochmoderner Technik gebaut worden. Die Türen lassen sich nur mit dem Fingerabdruck der Winzer öffnen und der Kellermeister arbeitet mit Hilfe von Computerprogrammen.


Winzerin Michaela Doppler auf der Bergspitze ihres Weinkellers
Winzerin Michaela Doppler auf der Bergspitze ihres Weinkellers

Die Geschichte der Weinberge und des Weins auf diesem Anwesen reicht fast 200 Jahre zurück, denn die ersten Reben wurden hier schon im Jahr 1815 von den Benediktinern aus Admont gepflanzt. Dann übernahm der Weinbauer Ivan Doppler das Weingut, übergab es seiner Tochter und seit 2004 führt es die Enkelin Michaela. Seit zwei Generationen ist nun der Weinanbau in der Hand von Frauen. Heute werden von Michaela Doppler und ihrem Team auf insgesamt neun Hektar Weinbergen in Dolnja Počehova und Kozjak etwa 50.000 Liter Wein hergestellt. Darunter sind die am meisten verbreiteten steirischen Weinsorten Rheinriesling, Grüner Silvaner, Traminer und Muskat-Ottonel sowie die roten Sorten Blaufränkisch und Zweigelt. „Im vorigen Jahr haben wir unseren neuen Weinkeller und Sektkeller eröffnet und viele Touristengruppen bis maximal 40 Personen kommen zu unserer Weinverkostung“, erzählt Weinexpertin Michaela. „Der Weg zu uns auf 380 Meter Höhe ist zu schmal für Busse und deshalb haben wir für die Besucher, die nicht zu uns hochsteigen, Taxi-Shuttle aus dem Ort organisiert. Sie werden mit unseren wunderbaren Weinen und der schönen Aussicht belohnt.“


Weinfässer im Weinkeller Doppler Blick vom Keller des Weinbergs


Eine Million Touristen erwartet


Auf der Terrasse des modernen Restaurants vom Hotel City III direkt mit Blick auf die Drava treffe ich Mitja Sesko vom Organisationsbüro Kulturhauptstadt Maribor 2012. Am 14. Januar 2012 wird das Kulturjahr im Nationaltheater von Maribor mit der Oper „Schwarze Masken“ feierlich eröffnet.

„Insgesamt sind im nächsten Jahr in Maribor und den anderen fünf beteiligten Städten tausend Veranstaltungen geplant“, sagt Mitja Sesko. „In unserem Projekt zwölf werden über die ganze Zeit zwölf international bekannte Künstler aus den verschiedenen Bereichen auftreten.“ Darüber hinaus werde jede beteiligte Stadt seine traditionellen Kulturevents fortführen und in diesem besonderen Jahr ausbauen. So gebe es schon im Februar die Maskenumzüge in Ptuj, im Frühjahr in Slovenje Gradec Konzerte und Veranstaltungen zu dem Liederkomponisten Hugo Wolf, im Sommer traditionell das Kinderfestival Pippi Langstrumpf in Velenja und außerdem wie in jedem Jahr das Jazz-Festival in Novo Mesto. „Wir erwarten auch sehr prominente Künstler mit der Wiener Oper, dem Bolschoi-Theater und der Zagreber Oper. Doch unser Kulturjahr soll auch die Türen öffnen, um unsere Kulturtraditionen zu zeigen, weiter zu stärken und unseren Gästen zu präsentieren.“

Das Universitätshauptgebäude in Maribor
Das Universitätshauptgebäude in Maribor

Die Erwartungen der Kulturgemeinde, allen voran das Organisationsbüro in Maribor für das Jahr 2012 sind groß. Mitja Sesko rechnet mit einer Million Touristen, dabei hat ganz Slowenien nur zwei Millionen im Jahr aufzuweisen. Die sechs am Kulturjahr Maribor beteiligten Städte sind teilweise mehr als 50 Kilometer voneinander entfernt. Die im letzten Jahr fertig gestellte Autobahn soll die einzelnen Kulturstationen für den Besucher näher zusammenrücken.



Die Pizzeria Verdi in Maribor Zunftzeichen in Maribor


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