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  • Ronald Keusch

Piano Power in Beeskow

Klavierduo Gerwig & Gonzales mit virtuoser Darbietung


Klavierduo Gerwig & Gonzales

Zur Halbzeit der 29. Brandenburgischen Sommerkonzerte kamen am 20.Juli in der Marienkirche von Beeskow alle Klaviermusik-Liebhaber auf ihre Kosten, und das gleich im Doppelpack. Das deutsch-mexikanische Klavierduo Gerwig & Gonzales präsentierte Werke mit dem Schwerpunkt Britannien.


Christine Gerwig und Efrain Gonzales lernten sich während des Studiums am Mozarteum in Salzburg kennen und widmeten sich fortan neben ihren solistischen Studien der Interpretation von Klavierwerken für 4 Hände sowie für 2 Klaviere. Sie sind heute in vielen Konzertsälen der Welt präsent und arbeiten insbesondere mit den großen Symphonieorchestern Mexikos zusammen. 2008 gewannen sie den Internationalen Klavierduo-Wettbewerb „Concours Grieg“ in Oslo und den Spezialpreis für die beste Interpretation von Werken Edward Griegs. Beide sind auch privat ein Paar und widmen sich an ihrem Wohnsitz in Königswinter auch der Klavierpädagogik, unterrichten Kinder und organisieren Schülerkonzerte. Zahlreiche ihrer Schüler erhielten hochkarätige Preise bei nationalen und internationalen Klavierwettbewerben und bestreiten bereits eigene Konzerte. So wie auch ihre beiden eigenen Kinder Alejandro (12 Jahre) und Valeria (10 Jahre), die bereits seit ihrem dritten Lebensjahr von ihren Eltern unterrichtet werden. Ihr Sohn Alejandro gab sein Orchesterdebüt im vergangenen Jahr in Guadalajara bei einer Aufführung des Konzertes für 3 Klaviere und Orchester KV 242 von Wolfgang Amadeus Mozart zusammen mit seinen Eltern und dem Orquesta Filarmonica de Jalisco.


Das Programm begann mit einem Stück, welches Konzertliebhabern sehr bekannt sein dürfte, der Ouvertüre „Die Hebriden“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Mendelssohn bereiste Großbritannien im Jahr 1829 und besuchte dabei auch die Fingalshöhle auf der schottischen Insel Staffa. Die Fingalshöhle mit ihren an Orgelpfeifen erinnernden Basaltsäulen gilt als eines der größten Naturwunder. Auch Theodor Fontane besichtigte auf seiner Schottlandreise 1858 die Fingalshöhle. Er beschrieb in seinem Buch „Jenseit des Tweed“ (bei dem Titel verwendete Fontane bewusst das verkürzte Wort „jenseit“ statt „jenseits“) die Höhle als „wunderbares Schiff einer gotischen Kirche“ und vergleicht sie sogar mit der berühmten Tudor-Kapelle Heinrich VII. in der Westminster Abbey. Die Höhle inspirierte Mendelssohn zu dieser Konzert-Ouvertüre, bei der er lautmalerisch perfekt den Wellengang und das Aufeinandertreffen der Elemente Wind, Wasser und Felsen als Klangbild in Szene setzt. Das Werk wurde in seiner dritten Fassung 1833 in Berlin uraufgeführt und die Bearbeitung für vierhändiges Klavier steht der Orchestervariante in nichts nach.


Das Programm wurde fortgesetzt mit dem Komponisten Edward Elgar. Er war musikalischer Autodidakt und begann schon im Kindesalter, bevor er überhaupt die Notenschrift beherrschte, akustische Eindrücke der Umwelt zu notieren und in Musik zu fassen. Eines seiner bekanntesten Werke kommt jedes Jahr zur „Last Night of the Proms“ zur Aufführung, der Marsch „Pomp & Circumstance No. 1“. Der Mittelteil ist auch als Hymne „Land of Hope and Glory“ weltbekannt und gilt als die wichtigste inoffizielle Hymne des Königreichs. Das Klavierduo Gerwig & Gonzales präsentierte seine Streicher-Serenade E-moll in der Fassung für vierhändiges Klavier, ein kleines dreisätziges Werk mit melodischen Themen, die auf frühe Kompositionen des jungen Elgar zurückgehen.


Als nächster Programmpunkt folgten Kompositionen der irischen Pianistin und Komponistin Joan Trimble, die zusammen mit ihrer Schwester Valerie ein erfolgreiches Klavierduo bildete und zahlreiche Stücke für zwei Klaviere komponierte, in denen sie Elemente der traditionellen Irischen Volksmusik und der französischen Impressionisten verarbeitete.


Den Abschluss des Konzertes bildete das bekannteste Werk von Gustav Holst, die Orchester-Suite „Die Planeten“. Holst komponierte das Werk 1914 bis 1916 und es entstand zunächst eine Fassung für zwei Klaviere. Das Konzept des Werks folgt der Astrologie und nicht der Astronomie, daher gibt es auch keinen Satz über die Erde, sondern nur über die damals bekannten sieben Planeten Mars, Venus, Merkur, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Jeder Satz thematisiert Gedanken und Gefühle, die mit der entsprechenden römischen Gottheit in Verbindung gebracht werden. Zum Beispiel erscheint Mars, der „Bringer des Krieges“ mit einer stampfenden Rhythmik und Dissonanzen, die erstaunlich realistisch das Grauen des Krieges in Musik fassen. Jupiter als „Bringer der Fröhlichkeit“ ist dominiert von ausgelassen fröhlichen Themen. Hier findet sich auch ein Thema aus Elgars zweiter Sinfonie wieder, die von Holst später als Vertonung des patriotischen Liedes „I Vow to Thee, My Country“ verwendet wurde, einer anglikanischen Hymne, die einen festen Platz in den britischen Gesangsbüchern hat und beim Remembrance Day oder bei siegreichen Rugby Spielen mit Inbrunst intoniert wird. Der letzte Satz „Uranus – der Mystiker“ verharrt im Pianissimo und verklingt in überirdischen sphärischen Klängen. Der Zuhörer verlässt gleichsam das hörbare Universum und tritt in die dahinterliegende Leere ein.


Marienkirche in Beeskow

Die vierschiffige gotische Backsteinkirche St. Marien inmitten der Beeskower Altstadt bildete das schöne Ambiente für dieses Konzert. Sie besticht durch ihre außergewöhnliche Schlankheit. Bei einer Breite von nur sieben Metern ist das Mittelschiff 21 Meter hoch und das Dach erhebt sich darüber bis in eine Höhe von 38 Metern. Konzerte finden im intimeren Rahmen im Südschiff oder in der Sakristei statt, oder jetzt im Sommer auch im noch nicht voll wiederhergestellten Mittelschiff. Das bietet Vorteile einer größeren Zuhörerschaft, aber auch unüberhörbare Nachteile in der Akustik gerade bei einem kleineren Ensemble wie einem Klavierduo. Durch das Fehlen des Nachhalls ist ein räumliches Musikerlebnis kaum möglich, trotz besten Materials in Form von zwei Bechstein-Konzert-Flügeln und trotz bester pianistischer Leistungen. Ungeachtet dessen erhielt das Klavierduo den wohlverdienten und langanhaltenden Beifall der Zuhörer für seine inspirierende und virtuose Darbietung. Leider war die Marienkirche nicht vollbesetzt, was sicher auch darauf zurückzuführen ist, dass auch in der Burg Beeskow parallele Sommerkonzerte stattfinden. Etwas mehr Abstimmung hätte hier gut getan.

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