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  • Claudia Keusch

Corona, Veganismus, Klima und Diskriminierung


Wie eine Senatsumfrage zum Berliner Kulturleben die politischen Narrative unserer Zeit bedient





Das größte Raubtier Deutschlands - die Kegelrobbe

Vor kurzem habe ich Post erhalten vom Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt Joe Chialo: Einen 20-seitigen A4-Fragebogen. Ich wurde auserwählt, im Rahmen einer Bevölkerungsbefragung Auskunft zum Freizeitverhalten zu geben. Es heißt im Anschreiben, wir wollen „Ihre aktuellen Bedürfnisse und Vorlieben besser verstehen, um das Kultur- und Freizeitangebot in Berlin weiter zu verbessern.“ Eigentlich eine gute Sache, denke ich, und mache mich über die Fragen her.

Schon bei Frage 2 stutze ich: „Ganz allgemein, wie sehr interessieren Sie sich für die folgenden Themen“. Ich lese erstaunt die folgenden 9 Auswahlthemen: Auto/ Motorsport, Schönheit/ Beauty, Tattoos/ Piercings, Soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Geld und Anlagevermögen, Vegetarische/ vegane Ernährung, Kochen/ Backen und Profi-Fußball. Ja, Kochen und Backen tue ich auch, wie vermutlich jeder – aber was eigentlich will der Senator aus diesen Antworten entnehmen, um das Kulturangebot in Berlin zu verbessern ? Mehr oder weniger Geld für Union und Hertha ? Piercing-Studios fördern oder schließen ? Die Kulturbetriebe verpflichten, veganes Essen anzubieten – oder doch eher Kuchen, wenn die Umfrageteilnehmer sich mehrheitlich als Leckermäuler outen ?

Dann Fragen zu den Freizeitangeboten in Berlin, von Kino, Bibliotheken, Musikunterricht, Volksfesten bis zu Konzerten und Ausstellungen, ob man mit den Angeboten zufrieden ist, wieweit man sie nutzt und was mich daran hindert, sie mehr zu nutzen. Ich wundere mich über einige der Antwortmöglichkeiten, wie die Forderung nach mehr Corona-Hygienemaßnahmen vor Ort. Hat hier jemand den Fragebogen vor zwei Jahren entworfen und vergessen, ihn zu aktualisieren – oder hat da schon jemand Einblick in die Geheimdokumente des Lauterbach-Ministeriums zur Vorbereitung der nächsten menschengemachten Pandemie gehabt ?

Dann wird es in Frage 18 richtig seltsam, wenn man beschreiben soll, wie man seinen eigenen Alltag gestaltet: „Ich umgebe mich sehr gern mit einem gewissen Luxus“ oder „Ein gepflegtes Äußeres ist für mich besonders wichtig“ oder „Selbstverwirklichung ist mir in meinem Leben sehr wichtig“ oder „Ich finde die Verwendung geschlechtergerechter Sprache (‚Gendern‘) grundsätzlich gut“. Aha, denke ich, da will wieder jemand eine Korrelation herstellen, nach dem Motto: Diejenigen Berliner, die das Gendern ablehnen, besuchen auch keine Diskotheken, und diejenigen, denen ein regelmäßiger Urlaub zu teuer ist, sind auch keine Theater- oder Konzertgänger. Und vermutlich vergessen die Macher der Studie dann wieder, dass eine Korrelation noch keine Kausalität ist und eben NICHT ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis besteht. In diese Falle tappen die Meinungsforscher immer wieder. Das klassische Beispiel ist der Zusammenhang zwischen dem Aufkommen von Störchen und der Geburtenrate. Bemüht man die Statistik, dann werden tatsächlich in den Gebieten mit vielen Störchen auch mehr Babys geboren – hier existiert eine eindeutige Korrelation. Aber sind die Störche wirklich der Grund für die größere Anzahl an Babys ? Natürlich nicht. Der eigentliche Grund ist, dass Störche in ländlichen Gebieten nisten und dort aufgrund sozio-ökonomischer Gegebenheiten auch die durchschnittliche Geburtenrate höher ist als in Städten.

Richtig ärgerlich wird es dann bei den Fragen 20a und 20b. (Hat hier irgendjemand noch die Frage 20b eingeschoben und sich nicht mal die Mühe gemacht, eine Neu-Nummerierung vorzunehmen ?) Es geht um das Thema Diskriminierung. Bin ich schon einmal bei einem Kulturbesuch diskriminiert worden ? Habe ich schon mal bei Kulturbesuchen Diskriminierung gegenüber mir oder anderen Personen wegen Geschlecht, sexueller Orientierung, ethnischer Herkunft, Rassismus, Antisemitismus, Religion, Alter, Sprache oder Körpergewicht erlebt ? Wurde ich schon mal als „fremd“ oder nicht „weiß“ wahrgenommen ? Und dann natürlich die unvermeidliche Frage Nummer 22, ob ich mich selbst zu den „Person of Colour“, „Schwarz“, „Afrodeutsch“, „Jüdisch“, „Russlanddeutsch“, „Russischsprachig jüdisch“, „Polnisch-Deutsch“, „Arabisch“, „Asiatisch-Deutsch“, „Türkisch-Deutsch“, „Muslimisch“ oder „Sinti und Roma“ zähle, oder ob ich – Gott behüte – „Weiß“ bin. Also als Rumänien-Deutscher würde ich jetzt schwer beleidigt sein, ja mich fast diskriminiert fühlen, dass ich da nicht erwähnt wurde, und als Ukrainer oder Ukrainerin sowieso.

Spätestens jetzt beschleicht mich das Gefühl, dass diese ganze Umfrage zum Freizeitverhalten nur entworfen wurde, um genau diese Fragen zu stellen. Geht es wirklich darum, das Kulturangebot für alle Berliner zu verbessern, oder will man wieder nur das Narrativ bedienen, dass sich immer mehr Menschen in unserer Stadt diskriminiert fühlen ?

Unsere Kunst- und Kulturlandschaft in Berlin und in ganz Deutschland ist nicht dadurch bedroht, dass die Kartoffeln – so nannte die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung und selbsternannte Kartoffelexpertin Ferda Ataman die weißen Deutschen - alles und jeden, der anders aussieht, vermeintlich diskriminieren, sondern dass eine woke Blase mit ihrer Cancel Culture und ihrem Hass auf die westliche Kultur unser Kulturerbe systematisch zerstören will !

Der Österreichische Philosoph und Essayist Konrad Paul Liessmann beschreibt diese heutige Situation sehr treffend: „Seit einiger Zeit wird aufgeräumt und sauber gemacht. Schmutzige Gedanken und Worte werden verbannt, unliebsame Autoren und Wissenschaftler gemobbt, Redner werden am Sprechen gehindert, Denkmäler gestürzt, die Spielpläne von Theater- und Opernhäusern von rassistischen und sexistischen Stücken befreit, Museen entledigen sich ihrer Beutekunst und distanzieren sich von den Machwerken weißer Männer und Frauen, und die Literatur vergangener Tage wird nach den moralischen Maßstäben der Gegenwart umgeschrieben. Die Stimmen bislang unterrepräsentierter ethnischer, religiöser und sexueller Minderheiten und Gruppen wollen nicht nur gehört werden, sie wollen andere zum Schweigen bringen.“ (https://www.derpragmaticus.com/r/cancel-culture/).

Den in diesem Essay genannten Beispielen kann man Dutzende weitere hinzufügen. Da ist die vermeintliche kulturelle Aneignung, die sich in unseligen Diskussionen um die Kostüme einer Laien-Tanzgruppe, um Frisuren wie Dreadlocks und Braids, oder um Kinderbücher von Huckleberry Finn, Pippi Langstrumpf bis Winnetou äußert. Da ist die Demolierung von Denkmälern, von Columbus bis Puschkin. Hier reiht sich die Stadt Berlin nahtlos ein, mit der langjährigen Posse um den Standort der von Karl Friedrich Schinkel entworfenen und von Christian Daniel Rauch ausgeführten Statuen von Scharnhorst und Bülow vor der Neuen Wache. Oder mit der demonstrativen Verhüllung der Statue von Nobelpreisträger Theodor Mommsen durch sogenannte Aktivisten der Humboldt-Uni oder mit der Debatte um das Kuppelkreuz auf dem Berliner Schloss oder mit den wiederholten Versuchen, das Ernst-Thälmann-Denkmal von Lew Kerbel zu schleifen. Da sind die Bilderstürmer, die Kunst aus Museen, Ausstellungen oder dem öffentlichen Raum entfernen lassen, ob nun Eugen Gomringers "Avenidas" von der Fassade der Berliner Alice-Salomon-Hochschule oder im Zuge der MeToo-Debatte Gemälde von freizügig bekleideten Frauen aus den Galerien. Weil in den Tänzen des Nussknacker-Balletts Haremsdamen und Chinesen mit Trippelschritten sowie zwei mit dunkler Farbe geschminkte Kinder auftreten, cancelte das Berliner Staatsballett in vorauseilendem Gehorsam seinen größten Publikumsrenner, wegen angeblicher kultureller Aneignung. Und da ist die Entfernung von Begriffen aus unserem Sprachgebrauch, wie zum Beispiel den Begriff „Mohr“ (Stichwort „Mohrenstraße“), weil ihm eine rassistische Bedeutung zugeschrieben wird, die er nie hatte. Etymologisch ist es mit dem Mauren, der Bezeichnung für nordafrikanische und spanische Araber, ebenso verwandt wie mit dem heiligen Mauritius, der oft mit dunkler Hautfarbe dargestellt wurde. Wann wird Schiller gecancelt ? „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.“


Niemals habe ich in meinem Leben andere Mitbürger diskriminiert, gleich welchen Geschlechts, welcher Ethnie, welcher Hautfarbe und welchen Landes. Und ich weiß, wovon ich rede, ich habe in meinem Berufsleben in internationalen Projekten mit Kollegen aus vielleicht 50 verschiedenen Ländern wunderbar zusammengearbeitet, von Südafrika, Kenia, Indien bis Australien. Toleranz und ein diskriminierungsfreies Umfeld gehörten zum Code of Conduct unseres Unternehmens und wurden ganz selbstverständlich gelebt. Das musste nicht verordnet werden ! Ich habe bei meinen Kulturbesuchen – egal in welchem Land – auch keinerlei Rassismus gegen mich oder andere erlebt. Es mag sein, dass das mit meinen Kultur-Vorlieben zu tun hat, Klassik, Jazz, Oper, Theater, Museen und Ausstellungen, Shows oder dem Besuch von Parks und Gärten. Aber die um sich greifende Russophobie, das Canceln von russischen Künstlern, Schriftstellern, Komponisten, Malern – das ist Rassismus, den wir heute täglich erleben. Die Vorverurteilung einer erfolgreichen Band wie Rammstein und die nachdrückliche Forderung von ihrem Verbot – das ist Diskriminierung pur. Dass Autoren wie Monika Maron oder Ulrike Guérot oder Uwe Steimle gecancelt werden, dass ihre Verleger und Veranstalter bedroht werden – das ist nicht nur Diffamierung, das sind Berufsverbote, das ist Existenzvernichtung.

Eine Welle des Aufschreis ging durch die westliche Welt, als die Terrormiliz Islamischer Staat im Norden des Iraks in Mossul und an der Grabungsstätte Ninive jahrtausendalte Bildwerke aus der Antike zerstörte. Als im Jahr 2001 die Taliban in Afghanistan die Buddha-Statuen von Bamiyan sprengten, gab es weltweite Proteste. Wo war eigentlich der Aufschrei bei uns, als die Ex-Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özoguz äußern konnte, dass „eine spezifisch deutsche Kultur jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar“ ist ? Wer eigentlich schützt unser nationales Kulturerbe in Deutschland heute ? Müsste das nicht im Zentrum einer Umfrage des Berliner Kultursenators stehen ?

Pablo Picasso steht im Kreuzfeuer von militanten Feministinnen, die unter dem Titel „Picasso - Frauen-Aggressor“ Protestaktionen veranstalten. Erich Kästner stand in München auf der „Roten Liste“ der umzubenennenden Straßen. Kritiker werfen ihm vor, dass er nicht wie die anderen Verfemten aus Deutschland emigrierte. Die von den Nazis als „entartet“ verbotene Oper „Jonny spielt auf“ von Ernst Krenek wurde in München nach wenigen Aufführungen abgesetzt, wegen Blackfacing der Titelrolle des „Neger Jonny“ – so die Personenbezeichnung der Oper. Der Freitag titelte im März dieses Jahres schon mal rhetorisch „Sollte sich das Gorki-Theater umbenennen?“ Künstler, deren Werke vor 90 Jahren verboten wurden, werden heute wieder gecancelt. Wehret den Anfängen, gerade hier, gerade in Deutschland !

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich auf dem Kahlschlag, den die woke Blase mit ihrer Cancel Culture anrichten wird, die politisch genehmen zweitklassigen Künstler ansiedeln werden. So wie Tucholsky das schon 1933 in seinem schwedischen Exil vorausgesehen hat: „Da kommen sie nun aus allen Löchern gekrochen, die kleinen Provinznutten der Literatur, nun endlich, endlich ist die jüdische Konkurrenz weg – jetzt aber! […] Lebensgeschichten der neuen Heroen. Und dann: Alpenrausch und Edelweiß. Mattengrün und Ackerfurche. Schollenkranz und Maienblut – also Sie machen sich keinen Begriff, Niveau null.“ Vielleicht ist „Alpenrausch und Ackerfurche“ nicht mehr ganz so angesagt, aber ganz bestimmt sind es Gendersternchen und MeToo Hashtags.

Übrigens: In dem gesamten Fragebogen werde ich nicht ein einziges Mal gefragt, was denn meine Vorschläge zur Verbesserung des Kulturangebotes in Berlin wären. Ich hätte da einige. Zum Beispiel: Kostenloser Besuch aller staatlichen Museen, so wie in Großbritannien. Die Museen dort sind voll und sind gerade an Wochenenden ein beliebtes Ausflugsziel für Familien. Kunst für alle und umsonst. Oder: Ermäßigungen für Rentner in Theatern, Parks und bei kulturellen Veranstaltungen, zumindest an Wochentagen. Da muss man nicht mal über die Landesgrenzen schauen, die Berliner Stern+Kreis Schifffahrt praktiziert genau das - und es wird sehr gut angenommen.

Wie habe ich die Frage 22 nach meiner Hautfarbe beantwortet ? Ganz einfach: I am human ! So wie alle anderen, die an der Umfrage teilnehmen und sich bessere kulturelle Angebote in Berlin wünschen.

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