Frau Holle, Aladin und die Prinzessin auf der Erbse
- Ronald Keusch
- vor 16 Stunden
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Stunden
Der siebzehnte Märchenwald im Klosterhof Neuruppin
Das Märchenbild der Prinzessin auf der Erbse

Er ist in der vorweihnachtlichen Zeit schon lange kein Geheimtipp mehr: Der Märchenwald in der großen Gartenanlage der Gaststätte „Klosterhof“ in Neuruppin. Pünktlich zum diesjährigen 1. Advent erfreuen wieder hunderte Märchenfiguren in ihren Märchenkulissen die Besucher nicht nur aus Neuruppin und dem Umfeld, sondern auch aus Berlin.
200 Quadratmeter Märchenwald
Initiator dieser märchenhaften Ausstellung ist Marco Leppin, gelernter Bauarbeiter und Maurer, studierter Sozialpädagoge und Gastwirt der Gaststätte „Klosterhof“. Im Jahr 2008 hatte er die Idee, das Angebot des Neuruppiner Weihnachtsmarktes für Familien mit Kindern durch Märchenbilder zu ergänzen. Auf dem Familiengrundstück in der Poststraße war ausreichend Platz, im Hof seiner Gaststätte für vier Wochen einen 200 Quadratmeter großen Märchenwald aufzubauen.
Marco und Anika Leppin

Was mit sechs Märchenbildern 2008 startete, ist mittlerweile im 17. Jahr Märchenwald (ein Jahr Corona-Pause) auf 32 Bilder angewachsen. Besonders stolz ist der handwerklich begabte Leppin darauf, dass er bei den Märchenbildern durch üppigen Lichterschmuck eine vorweihnachtliche Atmosphäre schaffen kann. Dazu hat er zusammen mit seiner ihn tatkräftig unterstützenden Ehefrau Anika und seinen Mitarbeitern in diesem Jahr 220 Tannenbäume aufgestellt. Das ganze Areal wird von etwa 50.000 (!) LED-Leuchten illuminiert.
Frau Holle schüttelt ihre Betten aus
Es werden nicht nur die bekannten Märchenfiguren der Gebrüder Grimm, von Hans Christian Andersen und Wilhelm Hauff dargestellt. Auch einige internationale Märchen-Figuren gilt es zu entdecken, wie Aladin und die Wunderlampe aus den Geschichten von Tausendundeine Nacht, oder die italienische Kinderbuchfigur Pinocchio mit der großen Nase, der Albtraum aller Kriegs-Propagandisten, wenn ihre Lügen ihre Nase verlängern würden. Besonders beliebt sind bei den kleinen Besuchern die bewegten Bilder, zum Beispiel in der Weihnachtsbäckerei oder in der Wichtel-Werkstatt. Und schon seit Jahren schüttelt Frau Holle ihre Betten aus - auf Knopfdruck kommen tatsächlich Schneeflocken aus ihrem Kissen.
Märchenfiguren Aladin mit der Wunderlampe und Pinocchio mit Meister Geppetto
Premiere für Prinzessin auf der Erbse
„Jedes Jahr wollen wir unsere Besucher mit einem neuen Märchenbild überraschen“, sagt Marco Leppin. „In diesem Jahr haben wir uns für das Märchen der Prinzessin auf der Erbse von Hans Christian Andersen entschieden.“ Dabei sei es für die Auswahl der Märchen auch immer entscheidend, eine gute Idee für eine schnelle Wiedererkennung des Märchens zu finden, so die Eheleute Leppin. Hier waren es die drei übereinander liegenden Matratzen und die Erbse in der Hand der Figur der Königin. Und zu dem Märchenbild gehört natürlich auch ein Schloss mit Türmchen und Zinnen als Kulisse für das Schlafzimmer der Prinzessin.
Märchenbild Schneewittchen sehr beliebt
Aber die Märchenbild-Gestalter sind auch angespornt, die vorhandenen Märchenbilder weiter zu vervollkommnen. Ein Beispiel ist das sehr beliebte Märchenbild von Schneewittchen und den sieben Zwergen: „Anfangs standen da nur sieben Zwerge in der Hütte, dann kam ein Schränkchen dazu, es folgte ein Tisch, dann ein kleiner Schrank, dann sieben Gläser und schließlich ein ganzes Geschirr. Es wurde immer kleinteiliger – auch zur Freude unserer Stammgäste“, so Marco Leppin.
Schon Ende Oktober muss mit dem Aufbau der Märchenbilder begonnen werden, um pünktlich zum Advent die Besucher zu empfangen. Kaum weniger Aufwand erfordert dann der Rückbau, beginnend mit den Figuren, den Lichterketten und Weihnachtsbaumkugeln und schließlich den Kulissen-Häusern, die dann auseinandergeschraubt in Einzelteilen systematisch verpackt eingelagert werden. Und da diese für fast drei Monate Wind, Schnee und Wetter ausgesetzt sind, fällt auch einiges an Reparaturarbeiten an.
Winterwunderwelt-Diorama

Stammkundschaft sind Gruppen aus den Kindergärten
Da der Besuch der Märchenwelt kostenlos ist und es auch keine Eintrittskarten gibt, kann die Besucherzahl von Marco nur geschätzt werden. Während der Öffnungszeiten im Dezember werden insgesamt etwa 4.500 Besucher erwartet, mit steigender Tendenz. Hinzu kommen etwa 450 bis 500 Kinder aus Kindergärten und Grundschulklassen, die sich wochentags mit ihren Erziehern zu Rundgängen anmelden. Im Märchenwald ist auch in einer großen Truhe eine Spendenkasse eingerichtet. Das gesammelte Geld kommt komplett sozialen Projekten in der Region zugute. In den vergangenen Jahren konnten sich unter anderem der Tierpark Kunsterspring, die Jugendfeuerwehr oder Sportvereine über Zuwendungen freuen.

Mit Freude und dem Herzen dabei
„Wir wollen mit unseren Märchenbildern kein Geld verdienen“, so Marco Leppin. „Allerdings ist diese jährliche Aktion die teuerste Werbeveranstaltung für den Klosterhof, wenn man nur die immensen Stromkosten und den Erwerb von Materialien für die Märchenbilder betrachtet.“ Und so lautet das Credo von Anika und Marco: „Wir würden den Aufwand nicht betreiben, wenn es uns nicht so viel Spaß machen würde. Das geht nur, wenn man mit Freude und dem Herzen dabei ist.“
Sehr ermutigend und eine Belohnung für alle ihre Mühen ist es, wenn die Kinder die Märchenbilder erkennen und erzählen. Märchen sind ein Schatz jeder Kultur – und der Märchenwald ist damit ein Beitrag, diese Kultur in Deutschland zu erhalten.
Das Gasthaus „Klosterhof“ bietet im übrigen auch fünf Zimmer für Übernachtungen an, die in den Dezember-Wochen besonders von Berliner Gästen gefragt sind, die mit Kindern und Enkeln extra nach Neuruppin zum Märchenwald fahren.
Mit viel Liebe gestaltete Märchenbilder
Ausstellung über die Schifffahrt 2026
Darüber hinaus hat der Klosterhof eine weitere Tradition von Ausstellungen in Neuruppin eingeführt. Gemeinsam mit den Mitgliedern vom „Stammtisch Ruppiner Geschichte“, die sich beruflich und in ihrer Freizeit mit Themen aus der Historie der Region beschäftigen, werden interessante Ausstellungen in einer alten Tischlerei veranstaltet. Zu den Themen gehörten in den letzten Jahren die Geschichte der Ruppiner Eisenbahn und eine Ausstellung zur preußischen und sowjetischen Garnisonsstadt Neuruppin. Für das Jahr 2026 ist eine Ausstellung über die Schifffahrt im Ruppiner Land geplant. Wer weiß schon, dass im 19. Jahrhundert zeitweise bis zu 1000 Arbeiter im Rhinluch mit dem Stechen von Torf beschäftigt waren, der dann per Schiff über den Amtmannkanal, den Rhin und die Havel nach Berlin gebracht wurde, um dort verheizt zu werden.
Historische Werkstätten zu besichtigen
Einen ständigen Platz im Ausstellungsgarten des Klosterhofs hat der Werkzeug-Fundus von zwei historischen Werkstätten. Hinter zwei großen Schaufenstern ist eine Schuster-Werkstadt aus dem kleinen Dorf Manker vom Nordrand des Rhinluchs anzuschauen sowie eine Werkstatt für Särge und Möbel aus dem Dorf Gühlen Glienicke. Aus diesem Dorf ist eine Maschine zu bestaunen, die noch vor 125 Jahren mit Wasser aus einem Bachlauf angetrieben wurde, weil die Elektrifizierung erst spät das Dorf erreichte. Regionale Geschichte kann mitunter spannend sein.

Keine Betonpoller für den Märchenwald
Während die diesjährige vorweihnachtliche Stimmung in manchen Städten etwas eingetrübt ist, weil die Sicherheitsauflagen von Weihnachtsmärkten mitunter sehr kostenintensiv ausfallen, gibt es dieses Problem im Märchenwald des Klosterhofs nicht. Die Gartenanlage und das Restaurant sind durch stabile Türen und Tore gesichert und werden bei Betriebsschluss zugesperrt. So sind die Märchenbilder im Klosterhof wieder eine gelungene Ergänzung zum Neuruppiner Weihnachtsmarkt auf dem Schulplatz, der in diesem Jahr nur am ersten Adventswochenende geöffnet war. Weihnachtliche Atmosphäre können die Neuruppiner und ihre Gäste also den ganzen Dezember lang ausgiebig im Klosterhof tanken.
Die Ausstellung empfängt an jedem Adventswochenende von 15 bis 20 Uhr mit Glühwein, Kinderpunsch, Waffeln und Bratwurst. Wochentags sind die Märchenbilder von 16 bis 19 Uhr zu sehen.
Märchenwald im Klosterhof, Poststraße 31 in Neuruppin
Ausstellungen im Klosterhof der vergangenen Jahre:
Fontane zum Anfassen 2019: www.keusch-reisezeiten.de/post/2019-08-kultur-fontane
Garnisonsstadt Neuruppin 2020: www.keusch-reisezeiten.de/post/2020-08-kultur-garnison-neuruppin
Ruppiner Eisenbahngeschichte 2021: www.keusch-reisezeiten.de/post/2021-07-museum-neuruppin-eisenbahn
Märchenwald 2022: www.keusch-reisezeiten.de/post/2022-11-spezial-maerchenwald
























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